Jedes Jahr, nach dem ersten Schneefall, steigen meine Hündin July und ich ins Auto und fahren nach Gosau. In kaum einem anderen Teil des Salzkammergutes gibt es schönere Naturmotive als in dieser, eng ins Tal eingeschlossenen Gemeinde. Und in kaum einem anderen Flecken können die Temperatur so tief fallen wie im Ortsteil Vordertal. Das Thermometer meines Autos zeigte -15° Celsius, ich hab‘ hier aber auch schon -25°C erlebt. July war eingehüllt in einem warmen Mantel, denn selbst Hunde kühlen bei diesen Temperaturen schnell aus - ausgenommen jene Hunderassen die diese Kälte gewöhnt sind, wie z.B. Schlittenhunde. Aber die haben auch ein völlig anderes Verhalten im Winter. Der Schnee knirschte unter meinen Tritten. Ich hatte am Vortag alle Akkus geladen, die Kameras überprüft, die Speicherkarten gelehrt – war also gut vorbereitet. Trotzdem unterlief mir ein gravierender Fehler – ich hatte mich für mein Gitzo Studex Aluminiumstativ entschieden. Dieses Gestell ist schwer und hatte früher sogar meine 6x6 Mittelformatkamera locker getragen. Zu meinen beliebtesten Motiven im Gosau-Vordertal musste ich nicht weit gehen, also nahm ich dieses 6 kg-Trumm mit. Aber – fotografieren mit Handschuhen ist heutzutage kaum mehr möglich. Im analogen Fotozeitalter, als die Kameras noch Räder und Hebeln hatten, war das kein Problem, aber in der digitalen Epoche mit all den Knöpfchen und Touch-Screens ist es fast nicht mehr möglich mit Handschuhen zu arbeiten. Und diese Fingerkuppen freien Handwärmer mag ich auch nicht. Also passierte Folgendes. Meine Hände waren warm,
hatte ich doch dicke Handschuhe übergestülpt. Das Stativ hingegen hat sich der Außentemperatur angepasst. Mit meinen warmen Händen fasse ich das Alu-Stativbein an und innerhalb kürzester Zeit klebe ich daran fest. Durch die Berührung meiner warmen Hand mit dem eiskalten Stativ hat sich Kondenswasser gebildet – meine Hand war sofort festgefroren. Minus 15 Grad ist noch keine besonders niedere Temperatur, man kann die Hand wieder relativ leicht lösen. Aber bei -30 Grad oder noch kälter kommst du nicht mehr los - da reißt es dir die Haut vom Fleisch. In einem solchen Fall hilft nur noch eines: ab in die Wärme, die Hand-Stativ-Kombination auftauen lassen und Zähne zusammenbeißen, denn partielle Erfrierungen können wohl zurückbleiben. Schuhe mit dicken Sohlen sind ebenfalls Voraussetzung um längere Zeit im Freien zu verweilen. Ich will hier keine Werbung machen, aber meine Winterschuhe habe ich von Josef Seibel. Wer diese Marke kennt weiß, dass dies keine schlechte Ware ist. Die Sohlen sind mehrere Zentimeter stark, das Innenfutter aus isolierendem wärmendem Material. Trotzdem, nach eineinhalb Stunden schlug die Kälte durch. Schon meine Großvater hat gesagt: „Wånn da en de Zechan koalt is, friat boald da gånze Körpa“. Recht hatte er, Gott hab in selig! Aber das Wetter und das Licht waren stabil und nach zwei Stunden hatte ich meine Aufnahmen im Kasten. July war auch sichtlich froh wieder ins warme Auto zu kommen.
Da soll noch einer sagen, es gäbe keine g´scheiten Winter mehr! Wenn ich aus dem Fenster schau´, sehe ich, wie dichte Schneeflockenpolster vom Himmel herabschweben. Ich bin gerade vom Gassigehen zurückgekommen. Über zwei Stunden sind July und ich im Schnee durch den Wald gewatet und July konnte sich richtig austoben. Weil sie ein helles Fell schmückt, sah ich oftmals nur zwei dunkle Knopfaugen und eine schwarze Stubsnase aus den weißen Wechten ‘hervorlugen’. Gleich daraufhin sprintete sie los um im nächsten Schneehaufen unterzutauchen. Genüsslich wälzt sie sich anschließend in der kalten Pracht und ich frage mich: „Warum tut sie so etwas?“ Na ja, andere Lebewesen, andere Freuden. Das Panorama zeigt ein Turbinenhaus. Ein wenig versteckt in einem Tal inmitten faszinierender Berghänge liegt dieses Kraftwerk, das bereits seit 1908 Strom liefert - immerhin 13,7 GWh pro Jahr - so steht es auf einer Tafel geschrieben. Geht man entgegengesetzt der Blickrichtung die Forststraße entlang, gelangt man nach einer gemütlichen Wanderung entlang des Wildbaches zur Hütte „Mittereckerstüberl“. Dort kann man gut essen und sich für den steilen Anstieg zum Wildensee Kräfte holen. Das Mittereckerstüberl ist im Winter geschlossen und der
Aufstieg zum Wildensee bei diesen Schneemassen überaus gefährlich und nicht anzuraten. Im Frühling freilich, werde ich wieder hochsteigen, denn der Wildensee gehört sicherlich zu den romantischsten Hochgebirgsseen der Alpen. Und wer weiß - vielleicht reicht ja das „Schmalz“ noch für den Rinnerkogel. Schließlich ist man mit 67 erst im fortgeschrittenen Jugendalter und noch keineswegs greise. Wie überhaupt: ich habe mir für dieses Jahr viel vorgenommen. So möchte ich für YouTube kurze Erlebnissequenzen produzieren. Sie erzählen vom Fotografieren, vom Motorradfahren und vom Fliegen. Was niemand weiß, ich bin auch SIM-Pilot und fliege eine Cessna 337 Skymaster. Alle Drei zusammen sollen dann spannende Themen ergeben. Mal sehen was dabei rauskommt. Selbstverständlich werde ich auch über die im Sommer geplante Fotoreise aus Nordnorwegen berichten. Wer Lust hat, kann ja mitkommen. Am 17. Juli geht´s los. Für neun Tage werden wir die traumhaften Fjord- und Insellandschaften des skandinavischen Landes, bis hinauf zum Nordkap fotografieren können - mehr unter Fotoreisen auf dieser Website.
Im Frühsommer 2019 ‘bikte’ ich mit meinem Sohn Sascha nach Holland um Bildmaterial für meine geplante GLOBAL-VISION „Mit dem Motorrad durch Europa“ zu erarbeiten. Leider konnte ich wegen Corona diese Produktion nicht mehr öffentlich zeigen. Wenn´s jemandem interessiert: auf YouTube ist der ganze Vortrag in drei Teilen zu sehen. Die Fahrt ging durch Süddeutschland und Luxemburg. Dort traf ich ua. einen Fotografenkollegen der mir erzählte, dass seine bevorzugten Motive Leuchttürme in allen Variationen seien. Deshalb ist er schon viel in Europa herumgereist und hat sogar Kanada besucht. Inspiriert von dieser Idee, begab ich mich selbst auf die Suche nach Leuchttürmen, deren es in den Niederlanden ja einige geben soll. Im Tourist-Center und im Internet holte ich dazu Infos ein. Tatsächlich gelang es mir einige der Wegweiser für die Schifffahrt abzulichten. Vorwiegend in der blauen Stunde, wenn die umgebende Landschaft gerade noch erkennbar war, der Leuchtturm aber bereits sein Licht aufs Meer hinausstrahlte, fand ich die besten Stimmungen. Das Leuchtfeuer Huisduinen, genannt auch der Lange Jaap, in der niederländischen Provinz Nordholland, war einer von einigen, die ich fotografisch in´s Visier nahm. Ich stellte mein Stativ auf den Deich (Damm), dann klappten wir unsere Campingstühle auf und machten es uns gemütlich. Die Landschaft lag um etliche Meter tiefer als der Meeresspiegel, was gewisse Fantasien aufkommen ließ. Dieser Hochwasserschutz ist für die Niederlande, dessen Fläche zu 26% unter dem Meeresspiegel liegt, von existenzieller Bedeutung. Im Laufe
der Geschichte haben zahllose Menschen ihr Leben durch Flutkatastrophen verloren. Um sich dagegen zu schützen und Land zu gewinnen, begannen die Niederlande Deiche entlang der Küstenlinien aufzuschütten.
Mit einer Höhe von über 63 Metern war der Lange Jaap lange Zeit der höchste Turm der Niederlande und ist heute noch der höchste gusseiserne Leuchtturm Europas. Der Bau erfolgte 1877 und seit 1988 steht er unter Denkmalschutz. Wir saßen da eine gewisse Weile und wollten das späte Abendlicht abwarten. Zwei Dosen Heinecken später war es dann soweit. Die Wolken nahmen eine geheimnisvolle, ja beinahe düstere Stimmung an und die Landschaft spiegelte das Licht der bereits tief stehenden Sonne auf dramatische Weise wider. Die roten Dächer des Bauernhofes begannen fast zu glühen. Sosehr ich auf hoffte, dass der Lange Jaap nun zu leuchten beginnen würde, er blieb zappenduster. Trotzdem: es war ein erhabenes Erlebnis. Links - die unendliche Weite der Nordsee, rechts - die schier endlose Ebene der nordeuropäischen Küstengebiete. Wir saßen noch lange in die Nacht hinein und bewunderten den grandiosen Sternenhimmel. Hier an der Küste gab es kaum Lichtersmog, der Blick auf den Himmel war beinahe ungetrübt. Dann machten wir uns zu Fuß zurück zum nahegelegenen Hotel. Außerdem war uns das Bier ausgegangen - es gab nicht mehr als zwei Dosen pro Mann - morgen mussten wir wieder Motorradfahren und da gilt: absolutes Alkoholverbot.
Ich kenne kaum jemanden, der bei der Erwähnung einer Schottlandreise nicht ins Schwärmen gerät. Ich war mehrmals dort und kenne das Land ganz gut, habe auch versucht in die ‘Schottische Seele’ zu blicken. Die Schotten sind ein stolzes Volk, geprägt von einer konfliktreichen Vergangenheit, vor allen mit den Engländern. Die Spuren dieser Vergangenheit findet man überall im Land, auch in den ‘schottischen Highlands’. Man fährt keine fünfzig Kilometer ohne irgendwo auf die Ruine einer militärischen Befestigungsanlage oder einer Burg zu stoßen. Diese mittelalterlichen Bauwerke gehörten einst mächtigen Clans, die nicht nur Krieg gegen die Engländer führten, sondern auch untereinander Streitigkeiten mit dem Schwert ausfochten.
Schottland ist auch das Land der Hunde. In den Highlands haben die meisten Familien ein nichtmenschliches Familienmitglied - einen Hund, ein Pferd, eine Katze, ein paar Hühner. Meine Frau wollte schon seit Jahren einen Hund. Ich habe mich immer geweigert, denn für einen Hund braucht man Zeit. Die Vierbeiner sind wie kleine Kinder, man sollte immer zugegen sein. Wir aber gondelten einige Monate im Jahr irgendwo auf dem Globus herum um Fotodokumentationen für Vorträge zu erstellen. Waren wir dann einmal zu Hause, verkroch ich mich tagelang im Studio um Multi-Visionen zu erstellen oder wir waren auf Vortragstournee, wenn ich nicht gerade eine fotografische Reiseleitung in einem weit entferntes Land führte. Im Sommer 2016 war ich mit meiner Frau in den schottischen Highlands unterwegs. Überall kamen uns Hunde mit ihren Herrchen und Frauchen entgegen. Doris war über allen Maßen entzückt! „Schaumal, ist der nicht goldig ..... den hier, den würde ich gerne haben .... was meinst du, sollten wir nicht doch zuhause ein Hundeheim besuchen?“ Ich sah meine Chancen hundefrei zu bleiben dahinschwinden. Es war ja nicht so, dass ich keinen wollte, wir hatten nur bloß zu wenig Zeit für den besten Freund des Menschen. Einige Monate später zeigte mir Doris einen Hundewelpen auf einer Website im Internet. Eine Dame vermittelte
herrenlose Hunde aus Ungarn. Das Tier befand sich dort in einer Tötungsstation. Sollte es nicht innerhalb von drei Wochen abgeholt werden, würde es die Giftspritze bekommen. Mit einem unglaublich treuherzigen und traurigen Blick sah mir das kleine hilflose Wesen aus dem Handy entgegen. Nun konnte ich nicht mehr anders. Wir nahmen sofort Kontakt mit der Vermittlerin auf. Für € 190,-- sollten wir den viermonatigen Welpen bekommen. In diesem Betrag waren Impfungen und die Benzinkosten von Ungarn nach Österreich enthalten. Ein überaus fairer Preis. Der Welpe - eine Hündin - wäre eigentlich für eine Vermittlung noch zu jung gewesen, aber die Mutter lebte nicht mehr und ich wollte diesen Hund unbedingt retten. Ich ließ mir von der Vermittlerin ihre Legitimation zeigen - sie gehörte einem Tierschutzverein an - es war also alles legal, ein internationaler Hundepass war vorhanden. Was ich nicht wusste: der Hund war krank. Ich hinterließ beim Tierarzt eineinhalbtausend Euro um den niedlichen Wau-Wau wieder gesund zu bekommen.
Diese Investition war jeden Cent wert. Meine neue Freundin schenkte mir so viel Liebe, Verbundenheit und Dankbarkeit, wie ich es bei einem Menschen noch nicht erlebt habe. Sagte ich noch vor einiger Zeit zu meiner Frau: „O.K. wir bekommen einen Hund .... aber er darf das nicht, und das darf er auch nicht, und dort darf er schon gar nicht hin“. Was soll ich sagen! Mein Hund darf beinahe alles und sie dankt es mir auf Ihre Hundeweise. Sie ist verschmust, treu, und würde mich mit ihrem Leben verteidigen. So viele fotografische Wanderungen haben wir schon zusammen durchgeführt: auf die Gipfel der Alpen, auf die Almen, durch die Wälder, entlang der Flüsse, in den Wiesen herumtollend, am Meeresstrand entlangschlendernd und durch Schneemaßen wühlend. Sie ist nicht nur meine beste Freundin geworden, sondern auch ein fester Bestandteil meine Lebens. Wer mich im Ort sieht, meine Freundin ist immer dabei! So bekamen wir unsere July - dank meiner Frau Doris und dank Schottlands.
Der Miesenbach ist ein, nur bei Einheimischen bekannter Wildbach, der aus den Höhen des Höllengebirges zu Tale rauscht und an dessen Ende einst eine Mühle stand, die jedoch ihre Tätigkeit schon seit Langem verloren hat und als solche kaum mehr erkennbar ist. Auf der kleinen Brücke, die sich in einem Bogen über den Wasserlauf spannt, läuft der Soleweg in einer Länge von ca. 21 Kilometern von Ebensee nach Hallsatt (oder umgekehrt). Ich bin diesen Weg mit meiner Hündin July schon oft gegangen. Der Soleweg muss nicht in Einem bewältigt werden, man kann ihn in mehreren Etappen erkunden. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es etliche und mancherorts bietet sich auch eine Abendunterhaltung an. Der Weg ist leicht zu gehen und für Kinder sehr gut geeignet. Die Szenerie ist vielfältig und abwechslungsreich - Fotomotive bieten sich zuhauf an - eine Empfehlung von mir an wandernde Naturliebhaber, die ihren Urlaub gerne im Salzkammergut verbringen möchten. Eine Episode die zum Schmunzeln anregt muss ich unbedingt erzählen. Das letzte Stück des Soleweges zwischen Steeg und Hallstatt ist aus Sicherheitsgründen gesperrt. Der Pfad soll angeblich renoviert werden. Ein Anruf bei der Gemeinde Bad Goisern erbrachte keine Klarheit darüber, wann diese Etappe wieder begehbar sein wird. Niemand wusste Bescheid, man verwies mich an die Gemeinde Hallstatt. Dort konnte man mich auch nicht aufklären und verwies mich wiederum an die Salinenverwaltung. Eine nette Dame der Salinenverwaltung in Ebensee teilte mir mit, dass geplant sei, den letzten (bzw. ersten) Streckenabschnitt zwischen Steeg und Hallstatt im Jahre 2049 fertig zu stellen und für die Öffentlichkeit freizugeben. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und bemerkte mit sarkastischem Unterton: „Seid ihr sicher, dass ihr es bis dahin schaffen werdet?“ Also, wer beabsichtigt den Soleweg zu erwandern, sei gewarnt! Der schönste und interessanteste Abschnitt, der über hohe Brücken und entlang von senkrechten Felswänden, am Ufer des malerischen Hallstättersees führt, ist unpassierbar und ihr
müsst laaaaange vor der Absperrung warten, bis ihr nach Hallstatt weiterwandern könnt. Eine großartige Alternative bietet sich allerdings dem Wanderer! Er kann mit dem Zug von Steeg nach Hallstadt fahren. Der Bahnhof liegt allerdings am gegenüberliegenden Ufer des Ortes. Ein Schiff bringt ihn dann über den See zum Weltkulturerbe.
Zurück zu meinem Bild. Das Aufnahmegerät war eine APS-C Kamera mit elektronischem Sucher. Gerade dieser Sucher bietet bei solchen Motiven einen immensen Vorteil. Zuerst habe ich einen ND-Filter der Stärke 3.0 1000x vorgesetzt. Die Belichtungszeit um die 30 Sekunden brachte jedoch einen total verwaschenen Flusslauf ins Bild. Durch den elektronischen Sucher zeigte sich mir ein helles Sucherbild, das Ergebnis war leicht zu kontrollieren. Mit dem Spiegelreflexsucher aber, war das Sucherbild dermaßen dunkel, dass ich kaum mehr Konturen wahrnahm. Also ... der ND-Filter brachte nicht das gewünschte Ergebnis. So probierte ich eine Belichtungsreihe mit 5, 3, 2 und 1 Sekunde(n). Das beste Ergebnis brachte die Belichtung von 2 Sekunden bei Blende 11 und einer Brennweite von 18 mm (~27 mm VF). Das „Fließende“ des Wassers war gut erkennbar - weich und trotzdem dynamisch. Blende 11 und 18 mm Brennweite reichten aus, um - mit Ausnahme des Baches - von vorne bis hinten alles scharf zu bekommen.  Bereits im Winter suchte ich mir diesen Standplatz. Das Motiv war allerdings nicht sonderlich fotogen: kein Laub auf den Bäumen, aber auch kein Schnee - wenig Wasser, eher mehr Rinnsal als ein Wildbach. So beschloss ich im Mai wiederzukommen, das Motiv lag ja quasi vor der Haustür. Jetzt passte alles!! Das frische, saftige Grün des Laubes, das tosende Wildwasser aufgrund der Schneeschmelze in den Gipfelregionen, die steinerne Brücke - ja die ganze Stimmung! Nach der Brücke sind es nur noch ein paar hundert Meter - dann verliert sich der Miesenbach in der Traun.
Einmal im Jahr unternehmen mein Sohn und ich gemeinsam eine mehrtägige Motorradreise. Wir tourten bereits durch Österreich oder unternahmen eine einwöchige Fahrt nach Luxemburg. Heuer war Südtirol angesagt - allerdings hatten wir nur drei Tage Zeit - mein Sohn musste ja arbeiten. Er bestand ein paar Tage zuvor die Matura und als Lohn dafür wollte ich ihm diese Motorradtour schenken - er hatte es sich redlich verdient. An dieser Stelle sei gesagt, dass ich mächtig stolz auf ihn bin. War ich bei den vorerwähnten Touren noch mit meiner BMW F 650 CS und er mit einer KTM Duke 125 unterwegs, sattelte mein Sohn diesmal die BMW und ich ritt eine Honda CBF 1000 F. In den Seitenkoffern befanden sich meine Utensilien, im Topcase wurde die Fotoausrüstung aufbewahrt. Auch die BMW wurde mit zwei Satteltaschen und Topcase bestückt. Die erste Etappe führte über den Sölkpass und dem Örtchen Murau zum Ossiachersee in Kärnten. Dort quartierten wir uns ein und genossen den Rest des Tages mit einem erfrischenden Bad im 22° C warmem Wasser. Außer ein paar Erinnerungsfotos mit dem Handy boten sich keine nennenswerten Fotomotive an. Aber meine fotografische Stunde sollte noch kommen! Nächsten Morgen um neun Uhr nahmen wir die zweite Etappe in Angriff. Sie führte uns in die Täler der Lienzer Dolomiten, über die Grenze nach Südtirol und in einer gemütlichen, aber äußerst kurvigen Fahrt nach Toblach. In der Nähe des kleinen Ortes fanden wir unser Quartier für diese Nacht. Allerdings war es noch zu früh für Feierabend. Die Sextener Dolomiten boten einen imposanten Anblick - eine Paradies für Bergsteiger und Kletterer. Unbestreitbar sind die Drei Zinnen die Hauptattraktion dieser beeindruckenden Gebirgskette. Zum Fuß dieser drei Felstürme führt eine serpentinenreiche Gebirgsstraße hinauf. Zwanzig Euro Maut für ein Motorrad sind meines Erachtens zu viel, zumal die Straße ja nicht besonders lang ist, aber was soll´s, Touristen gehören abgezockt. Das Wetter schlug um. Über den Gipfeln hingen tiefe Wolkenfetzen, in manchen Fällen wurden sie darin sogar eingehüllt. Ganz nach meinem fotografischen Geschmack. Es gibt nichts langweiligeres als Bilder der Drei Zinnen vor einem wolkenlosen blauen Himmel. Fotos mit Wolken und Nebelfetzen hingegen wirken dramatisch und
spannungsgeladen. Ich war schon zweimal hier und hatte immer Glück mit dem Wetter. Beim letzten Mal - es liegen schon zwanzig Jahre zurück - schleppte ich noch eine umfangreiche 6x6-Mittelformatausrüstung mit mehreren Objektiven und einem schweren Gitzo-Stativ rund um die drei Zinnen. Es war, wie ich mich erinnere, eine tragende und schweißtreibende Rolle. Einige dieser Bilder können in meiner Web-Galerie www.photo-panoramic.com im Karteireiter „Format 1:1“ angesehen werden. Diesmal war ich mit einer Sony Alpha der 6000er-Serie unterwegs, bestückt mit einem 18 bis 200 mm Zoom (27-300 mm im Vollformat). Eine herrlich leichte Angelegenheit und trotzdem kompromisslos in der Bildqualität für eine APS-C Kamera. Die Wolken waren sehr hell, beinahe ausgefressen, die Felsen dafür sehr dunkel - ein irrer Kontrast, der bewältigt werden wollte. Ich wartete zu! Die Sonne sank tiefer, die Wolken nahmen eine fahlgelbe Farbe an - nicht besonders attraktiv - aber anders würde es heute nicht mehr werden. Dann wurde die Sonne selbst von Wolken verdeckt, es sah ganz nach Regen aus. Die Farbe wechselte von gelb in ein bleiches Aschgrau. Aber ... ich hatte kleine Helferlein mit. Ein neutrales Grauverlauffilter und ein tabakfarbenes Verlauffilter brachten Abhilfe. Jetzt auf die hellen Bildpartien belichten! Das ist WICHTIG! In der Nachbearbeitung können ausgefressene Lichter nicht mehr korrigiert werden. Wo keine Information da ist, kann das beste Bildbearbeitungsprogramm keine Information hinzuzaubern - es sei denn man verfälscht das ganze Bild. In den unterbelichtet scheinenden Partien ist aber genügend Bildinformation enthalten und die können mit ein paar Reglerverschiebungen mühelos hervorgezaubert werden.
Ich war zufrieden! Schnell verstaute ich die Kamera im Rucksack und wir machten uns schleunigst auf den Weg zum Parkplatz, bevor uns der Regen einholen konnte. Aber Niederschläge blieben aus ... auch am nächsten Tag. So surften wir auf zwei Rädern nach Hause über Lienz, über den Katschberg, die Radstädter Tauern und durch das Lammertal - eine Genußfahrt ohne Gleichen. Es waren drei herrliche Tage gemeinsam mit meinem Sohn. Was kann sich ein Vater mehr wünschen?
Ich weiß nicht wie oft ich an diesem Motiv bereits vorbeigefahren bin - wahrscheinlich hundertemale. Eigentlich wollte ich es immer schon fotografieren, habe es aber nie so vorgefunden, dass es ein Panoramabild Wert gewesen wäre. Vor zwei Wochen musste ich die Reiseleitermappe der von mir geführten Nordnorwegen-Fotoreise zu Kneissl-Touristik-Zentrale in Lambach zurückbringen. Das Wetter war schön, also fuhr ich mit dem Motorrad. Im Topcase habe ich immer meinen Fotorucksack mit einem Carbon-Stativ verstaut - für den Fall aller Fotofälle. Zwangsläufig führt die Route über die Traunbrücke bei Lambach. Ich sah, worauf ich schon jahrelang gewartet hatte - die Wallfahrtskirche Stadl-Paura spiegelte sich im ruhigen Gewässer der Traun. Zumeist ist das Traunwasser durch den Wind aufgewühlt, aber diesmal passte alles. Das Licht war zwar nicht optimal, aber was soll´s, diese Gelegenheit kommt nie wieder. Ich parkte die Honda auf einem gleich hinter der Brücke gelegenen Parkplatz und eilte mit meinem Fotorucksack und dem Carbon-Stativ auf die Brücke. Der Gehweg und die Fahrbahn sind durch eine Metallkonstruktion getrennt, sodass ich fotografieren konnte ohne dem Autoverkehr sonderlich viel Achtung schenken zu müssen. Einen kleinen Hacken hatte
mein Fotostandpunkt allerdings schon. Ein normaler PKW beeinflusste das Fotografieren überhaupt nicht, ein LKW allerdings versetzte die Brücke in Schwingungen - ich musste also aufpassen. Kurzerhand war die Sony-Kamera der 6000-Serie auf das Stativ im Hochformat unter Zuhilfenahme des Nodalpunktadapter montiert und ausgerichtet. Links geschaut, rechts geschaut, kein LKW zu sehen. Schnell waren die acht Hochformataufnahmen mit 30%iger Überlappung im Kasten. Zur Sicherheit noch eine Belichtungsreihe - das musste genügen. Bei der Rückfahrt war die Wasseroberfläche der gestauten Traun bereits wieder in Bewegung, die Spiegelung der Kirche hatte sich verloren. Was ich damit sagen will? Hätte ich an besagtem Tag die Kamera nicht mitgehabt, wäre das Panorama nicht machbar gewesen. Der Frust und der Ärger über die verpasste Gelegenheit wäre groß gewesen. Oft braucht es Jahre um ein Motiv so einzufangen wie man es sich vorgestellt hat. Darum darf man nie aufgeben! Dies gilt nicht nur für die Fotografie, sondern für das ganze Leben. Nie aufgeben, immer vorbereitet sein und man wird sein Ziel erreichen.
Noch vor zehn Jahren war ein Urlaub in Italien mit einer Unzahl an Sonnenschirmen am breiten Sandstrand für mich noch völlig unvorstellbar. Reisen bedeutete immer Abenteuer, Unbekanntes, Entdecken, auf das Unerwartete zu warten. So habe ich im Laufe meiner „Vortragskarriere“ auf allen Kontinenten dieses Planeten meinen Fuß gesetzt - die Antarktis ausgenommen. Aber Urlaub in Italien unter abertausenden Engländern, Holländern, Deutschen, Österreichern und letztendlich Italienern, auf einem kilometerlangen Sandstrand voll mit nackten, badeöltriefenden Leibern, das war mir zu jener Zeit einfach ein Gräuel. Dann kam die Pandemie und beendete, oder minimalisierte die ohnehin seit einigen Jahren schwächelnde Vortragsbranche. Ich hatte noch eine neu produzierte, noch nie gezeigte Multi-Vision die darauf wartete in der Öffentlichkeit präsentiert zu werden. Gleichzeitig war mir wohl bewusst, dass ich damit nicht mehr auf Tour gehen kann und werde. Also sagte ich mir: „Charly, setz dich nach dreißig Jahren Vortragstätigkeit zur Ruhe und genieße die, dir noch bleibende Zeit. Mach ein paar fotografische Reiseleitungen, denn das kannst du recht gut und das macht dir Spaß. Arbeite an deiner Webgalerie, die sich mittlerweile auf über zweitausend Zugriffe pro Tag erfreut.“ So kaufte ich mir einen Wohnwagen und seit vier Jahren fahren wir (meine Frau, meine Hündin und ich) in der Nachsaison einmal pro Jahr für eine Woche nach Bibione. Meine neue Erfahrung: „Das hat auch Etwas!“ Gut Essen gehen, shoppen, faulenzen, eine kühles Bierchen am Strand trinken, alle Viere in die Sonne strecken und
aus den Augenwinkeln hübschen Mädchen nachsehen. Natürlich so, dass es meine Frau nicht bemerkt. Aber meistens merkt sie es doch, dann streift mich ein vorwurfsvoller Blick, gefolgt von einem wissenden Schmunzeln, das mir sagt: „Hast ja sowieso keine Chance mehr!“ Schnell schließe ich die Augen und stelle mich schlafend.

Meine Kamera habe ich selbstverständlich immer dabei. Stundenlang schlendere ich mit meiner Hündin „July“ entlang der Promenade. Wider Erwarten, gibt es so viel zu entdecken und zu fotografieren. Ich musste mich nur darauf einstellen anders zu sehen, als bei einer reinen Fotoexkursion irgendwo auf einem weit entfernten Flecken der Erde. So entdeckte ich auch das Motiv auf diesem Panorama. Die vielen Sonnenschirme vermittelten eine gewisse Geometrie und Ordnung, gleichzeitig aber auch ein völliges Chaos - eine Widerspruch, den es fotografisch umzusetzen galt. Die Palmen in der Ferne halfen mir, Ordnung in den Bildaufbau zu bringen. Der Flugdrache aus Papier war ein beruhigender Pol, die Wolken schenkten dem Aufbau Tiefe, das Meer kann man mehr erahnen als sehen. Für mich stellte das Motiv einen besonderen Reiz dar. Und so bannte ich es, nachdem ich einen Polfilter vor das Objektiv geschraubt hatte, mit meiner bewährten Panoramatechnik auf den Sensor. Ein Motiv für die Postkarte! Ach ja, die gibt es ja kaum noch, wer schreibt denn heute noch eine Postkarte! Na ja, dann eben ein Motiv für WhatsApp.
Es war meine letzte Motorradfahrt in diesem Jahr. Hatte ich einige Wochen zuvor Ramsau am Dachstein besucht und ein Panorama von der imposanten Dachstein-Südwand geschossen, wollte ich diesmal Ramsau bei Berchtesgaden mit meiner Kamera erkunden. Die Fahrt führte mich von Ebensee über Bad Ischl, St. Gilgen am Wolfgangsee, Hof bei Salzburg, durch das Wiestal nach Hallein und schließlich nach Berchtesgaden. Von dort war es ein Katzensprung nach Ramsau. Das fotografierte Motiv ist überall bekannt, findet man es doch beinahe in jedem Landschaftskalender oder einem Bildband über Deutschland. Nun ich wollte wissen ob es auch „Panoramageeignet“ ist. Das Wetter war gut, der Sonnenstand etwas hoch, aber was soll´s. Bereits in einer Stunde würde das Himmelsgestirn hinter dem Bergrücken untergehen und das Tal in ein schattenloses Grau tauchen. So holte ich mein Kamera-Equipment aus dem Topcase des Bikes und marschierte los. Die Aufnahmesituation war für ein normales 3:2 Format geradezu ideal, bereitete mir aber für das 3:1 Panoramaformat einige Probleme. Der Bereich eines schönen Bildaufbau´s war
begrenzt. Links befand sich ein steiler Hang, recht des Bildrandes standen ein paar Häuser. Schön und gepflegt, lenkten sie aber vom eigentlichen Motiv ab, der Pfarrkirche St. Sebastian mit dem Wagendrischelhorn im Hintergrund. Ich experimentierte mit unterschiedlichen Standorten und verschiedenen Brennweiten und nahm die Häuser mit in den Bildaufbau - war nix. Ich versuchte es mit dem Hang auf der linken Seite - war auch nix. Ich wechselte von der Brennweite 24 mm auf 35 mm (Kleinbild-äquivalent) - auch nicht zufriedenstellend. Zuletzt suchte ich die Distanz und stelle das Zoom auf 50 mm (=75 mm KB). Ich schoss neun Vertikalbilder mit 30%iger Überlappung. Kontrollieren konnte ich das Ergebnis natürlich nicht, aber ich hatte ein gutes Gefühl und war zufrieden.
Anschließend wanderte ich noch bis zum ein paar Kilometer entfernt liegenden Hintersee. Es ist ein schöner Flecken in Bayern und eigentlich nur einen Katzensprung von meinem Wohnort entfernt. Da gibt es fotografisch noch einiges zu entdecken und  ich beschloss wiederzukommen, in der nächsten Motorradsaison.
Ich bin nun beinahe seit einem halben Jahrhundert Lichtbildner, habe alle fotografischen Epochen durchlebt, von analog bis digital. Jede Weiterentwicklung in der Fototechnik war für mich eine Herausforderung die ich freudig angenommen habe, bot sich doch damit die Chance, mich selbst weiterzuentwickeln. Allerdings ... hin und wieder habe ich mich auch gegen den Fortschritt gewehrt, z.B. beim Umstieg von der Analog- auf die Digitalfotografie. Ich arbeitete damals im Mittelformat und wollte meine detailreichen und in allen Nuancen farblich abgestuften Dias nicht gegen bunte, kitschige und kontrastarme Pixelbildchen eintauschen. Mein Publikum war begeistert von der Schärfe, dem Detailreichtum und den Farben der 6x6-Dias, die mit hochwertigen Projektoren auf eine vier Meter hohe und zwölf Meter lange Leinwand lichtstark projiziert wurden. Aber die Zukunft gehörte nun mal der Digitaltechnik und als die Qualität der Fotos in etwa vergleichbar war mit jenen der Dias bin ich letztendlich auch umgestiegen. Die schönsten 24x36, 6x6- und 6x12 Dias habe ich mit einem hochwertigen Scanner eingelesen, die Originale hingegen behalten. Jedoch -  noch heute lege ich gerne die Originaldias auf die Leuchtplatte und sehe sie mir an. Welch ein Unterschied zu den Computer-Bildschirmen - selbst dann wenn sie in 4K auflösen!
Und jetzt? Jetzt kommt die künstliche Intelligenz und die macht mir ehrlich gesagt ein wenig Angst. Noch sind die von der KI kreierten Bilder leicht durchschaubar .... aber in ein paar Jahren? Da werden uns wahrscheinlich visuelle Scheinrealitäten vorgegaukelt die vom Betrachter nicht mehr zu unterscheiden sind zwischen menschlicher Kreativität oder maschineller Produktivität - Bilder die nie einen Pinselstrich erlebt oder durch eine
Kamera belichtet worden sind. Man stellt sich ein Foto vor, spricht seine Illusion in´s Mikrofon und der Computer zaubert dann eine entsprechend Kreation auf den Bildschirm. Zugegeben: auch dafür benötigt es einen gewissen Einfallsreichtum. Aber wo bleibt die Freude am Handwerk? Mit den Menschen zu sprechen bei der Porträtfotografie, ein Tier mit langer Telebrennweite zu verfolgen und im richtigen Augenblick „zu erlegen“ in der Gewissheit, dass es weiterleben darf, durch fantastische Landschaften zu wandern, die Luft, die Weite, die Natur auf sich einwirken zu lassen, bevor man sie in Pixel zerlegt? Ja, mir macht es ein bisschen Angst! Die KI beschränkt sich ja nicht nur auf Abbildungen, sondern wird wahrscheinlich Einzug halten in unser alltägliches Leben. Fluch oder Segen? Wahrscheinlich beides. Die KI kann uns sicherlich z.B. bei der Arbeit unterstützen, aber wenn wir nicht aufpassen, dann kann sie uns auch vernichten. Wird es eines Tages so weit sein, dass sich die KI so weit entwickelt, dass sie sich selbst reproduzieren, erfinden und gestalten kann .... ohne Zutun des Menschen? Kommt sie dann vielleicht zu der Erkenntnis, dass sie uns Menschen gar nicht mehr braucht, wir möglicherweise sogar hinderlich sind. Noch ist das alles Science-Fiction, aber wie lange noch?
Eigentlich wollte ich das Jahr nicht mit so düsteren Aussichten beenden und ich hege die Hoffnung, dass die Menschen intelligent genug sind zu wissen wo gewisse Grenzen liegen. Aber es ist halt so, dass man sich bei jedem Jahresanfang fragt: „Was wird es bringen?“