Es sind schon bizarre Bilder, die man in letzter Zeit nicht nur auf verschiedenen Fotos betrachten kann, sondern auch draußen in der Natur. Ich wohne in einer Gegend, wo die Berge Höhen von beinahe 3.000 Metern erreichen, um dann entweder als Süd- oder Nordflanke tief ins Tal abzubrechen. Speziell jetzt im Februar, da die Sonne schon etwas Kraft hat und die Luft der nördlichen Hemisphäre aufzuheizen beginnt, ergeben sich gewaltige Unterschiede in der Landschaftsansicht. In Richtung Süden ausgerichtete Berghänge sind bereits schneefrei und die Temperaturen können in den zweistelligen Plusbereich klettern. Hie und da recken sich die ersten Frühlingsboten aus dem modrigen Laub, dort und da kann man schon die Blüten der Schneerosen – im Volksmund auch Schneekatherl genannt – bewundern und an bestimmten Zweigen zeigen sich die ersten grünen Pünktchen. Ich denke zurück an ein doch schon langes Leben, versuche mich zu erinnern, ob sich die Natur auch in meiner Kind- und Jugendzeit so verhielt. Natürlich tat sie das, nur eben einen Monat später. Die Schneedecke lag oftmals bis Ende Februar, manchmal sogar bis in die erste Märzwoche hinein. Das Frühlingserwachen ging dafür relativ schnell.
Im Gegensatz dazu, sind die Nordhänge noch tief winterlich geprägt. Dicke Eiszapfen hängen von den Felsvorsprüngen. Hüfthohe Schneemassen bedecken die Weiden der Hoch- und Niederalmen und in den Bergbächen treiben faustgroße Eisbrocken. Dieser Gegensatz hat natürlich seinen fotografischen Reiz. Das heutige Panorama ist aus diesem Wetterphänomen entstanden. Während der Bach und die Weiden mit einem Eismantel überzogen sind und das Thermometer meiner Uhr -5° C anzeigt, sind die Südhänge des Toten Gebirges im Hintergrund bereits eis- und schneefrei. Auf meiner Seite hingegen sind die Wiesen noch schnee- und eisbedeckt. Was für ein Spaß für meine Hündin July. Sie wirft sich auf den Rücken und wälzt sich voller Entzückung in alle
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Richtungen – nach links, nach rechts, verkrümmt sich in Stellungen, die ein Mensch nie zustande brächte. Dann steht sie auf, geht ein paar Meter und die Zeremonie wiederholt sich. Scherzhaft sage ich immer „Hundeorgasmus“ dazu. Es ist Gottseidank nur Schnee. Mit Schaudern denke ich zurück, als sie in jungen Jahren dieses Ritual nicht im Schnee vollführte, sondern in einem riesigen, weichen Kuhfladen. Ich habe versucht herauszufinden, warum Hunde das machen. Ich konnte es nicht in Erfahrung bringen. Wahrscheinlich haben sie nur Spaß daran.
Nachdem ich das Panorama gemacht hatte, überquerte ich die große Almwiese hinüber zum anderen Waldrand. Dort schien die Sonne und plötzlich zeigte das Thermometer +7°C. Wie gesagt, es war Ende Jänner, Anfang Februar!
Heuer hatten wir nur für ein paar Tage gerade so viel Schnee, dass er die Grashalme der Wiesen bedeckte. Dann war es wieder vorbei mit dem weißen Zauber. Ich erinnere mich an eine meiner Reisen nach Südostasien. Meine Frau und ich lebten für eine Woche bei den Akhas, ein Eingeborenenvolk oben im Norden Thailands, an der Grenze zu Burma. Wir besuchten die Dorfschule und unterhielten uns eine Weile mit den Kindern. Ein Klassenlehrer bot sich als Übersetzer an. Die Kinder waren neugierig und wollten viel wissen. Eine Frage, die immer wieder gestellt wurde: Was ist Schnee? Wie fühlt sich Schnee an? Kann man Schnee essen? Erfrieren die Menschen wenn es schneit? Warum ist Schnee weiß? Kann man im Schnee baden?
Bei solchen Erinnerungen werde ich in letzter Zeit immer nachdenklich - vielleicht ist das Alter schuld daran. Aber was soll man unseren Enkerln oder Urenkerln antworten wenn sie einmal fragen: „Du Opa! Was ist Schnee? Bitte erzähl mir vom Schnee! Warum gibt es keinen Schnee mehr?“