Irland ist bekannt als grüne Insel, aber auch als ein Land, wo das Wetter Kapriolen schlägt. Noch scheint die Sonne am leicht bewölkten Himmel, eine halbe Stunde später oder dreißig Kilometer weiter, schüttet es wie aus Kübeln. Es soll aber auch schon Reisende gegeben haben, die bei ihrer zweiwöchigen Irlandtour kein Wölkchen am Himmel ausmachen konnten. Aber ist das dann wirklich das Irland welches wir aus Fernsehdokumentationen oder Bildbänden kennen? Regen gehört zu Irland wie Eis in die Antarktis. Die Schönheit, den Anmut begreift man vielleicht erst auf den zweiten Blick. So ist es auch mir ergangen, bei meinem ersten Irlandbesuch 1996. Eine Woche vorher kamen meine Frau Doris und ich aus Thailand zurück. Ich war noch ganz berauscht von den Eindrücken, den Farben, den Gerüchen, dem breiten Sonnenschein, der Lieblichkeit des Land des Lächelns. Als wir in Irland ankamen, den Mietwagen übernommen und in die Landschaft hinausgefahren sind, war der Himmel bedeckt, es nieselte, das Licht war stumpf und ich war, wie man auf gut österreichisch so schön sagt, richtig 'angfressn'. Eigentlich war es Doris, die es bemerkte. "Du hast immer noch die Bilder von Thailand im Kopf", meinte sie. "Schau doch einmal ganz genau hin, das ist doch eigentlich deine fotografische Stärke. Siehst du denn nicht die Dutzenden verschiedenen Grüntöne in der Landschaft, die Grauschattierungen in den Wolken, die einzelnen Sonnenstrahlen, wie sie hin und wieder durch die Wolkenschicht brechen und auf den Schafweiden tanzen? Riechst du nicht die würzige salzige Meeresluft? Bemerkst Du nicht die kleinen weißen Flecken auf den weiten Grasflächen, die sich erst beim zweiten Hinsehen als Schafe entpuppten?". Sie hatte recht! Ich öffnete meine Sinne und lernte die Landschaft, die herzlichen Menschen mit ihrer tiefsinnigen und doch heiteren Mentalität, die irische Musik und die gemütlichen Pubs lieben ... und natürlich auch Tullamor Dew und Guiness. Mir erschloss sich Irland erst beim zweiten Hinsehen, ich musste sozusagen mit der Nase darauf gestoßen werden.
Einige Jahre später waren wir wieder in Irland unterwegs. Es nieselte als wir bei der mittelalterlichen Festung 'Rock of Cashel' ankamen. Trotz des regnerischen Wetters waren viele Touristen zwischen den antiken Mauern unterwegs - das Fotografieren war schwierig. Die Festung liegt auf einem Höhenrücken, von der Mauer sah ich hinunter in die Ebene und entdeckte dort eine Ruine, etwa eineinhalb Kilometer entfernt. Die Ruine dürfte einst eine Kirche oder Abbey gewesen sein ... und es gab dort keine Touristen. Zwei Stunden umwanderte ich die alten Gemäuer und schoss Aufnahme um Aufnahme. Ehrlich gesagt, ich machte mir keine große Hoffnung einigermaßen verwertbare Bilder zu erhalten. Der Himmel war zwar interessant aber flau, die Farben stumpf. Genauso präsentierten sich die Fotos auf meinem Eizo-Bildschirm zu Hause am Computer. Aus Neugierde begann ich mit Fotoshop zu experimentieren. Ich steilte den Kontrast etwas auf, wedelte Bildpartien digital ab, hellte abgesoffene Stellen auf, dunkelte ausgefressene Spitzlichter nach, erhöhte den Farb- und dynamischen Kontrast und legte ein digitales Grau-Verlaufsfilter über den Himmel. Siehe da, das Bild der alten Abbey gewann etwas Mystisches, als hätte ich es bereits vor Jahrhunderten aufgenommen. Meine Arbeit begann mir immer besser zu gefallen. Ich schraubte dort ein wenig, verschob da einen Regler im Fotoshop und speicherte die Zwischenergebnisse immer wieder ab. Zwei Stunden brauchte ich für das Endergebnis und ich befand: man konnte es herzeigen. Zu Zeiten des Dias wäre eine derartige Manipulation nicht möglich gewesen, das Dia wäre bei der ersten Durchsicht im Papierkorb gelandet. Aber wenn ich schon im Photoshop alle digitalen Möglichkeiten habe, warum soll ich sie nicht nutzen?! Der einfache Betrachter (ausgenommen Fotografen) wird nicht fragen was ich alles 'gewerkelt' habe um das Bild so hinzukriegen. Er wird es betrachten und annehmen oder ablehnen. Er wird sagen: "Das gefällt mir!" oder er wird sagen: "Das spricht mich nicht an". Und das ist eigentlich das Reizvolle an der Fotografie. Ich muss den Betrachter überzeugen. Trotzdem: digitale Beeinflussung nur nach Maß. Bei meiner GLOBAL-VISION lehne ich derartige Bildmanipulationen ab, hier steht das authentische im Vordergrund. Aber hin und wieder finde ich den 'kleinen Künstler' in mir.
Ich war vor drei Jahren in den unendlichen Weiten von Lappland unterwegs um Bilder und Vortragsmaterial für meine GLOBAL-VISION "Nordland" zu erarbeiten. Viele Stunden am Tag streifte ich durch die Landschaft, die zwar ausgesprochen schön, aber auf Dauer doch ein wenig langweilig war. Wälder, Seen, Wälder Seen, Wälder Seen, ab und zu ein kleines Dorf. Diese Wildnis gefiel mir zwar gut, aber es mangelte mit der Zeit an verwertbaren Motiven. Ein See sah irgendwie wie der Andere aus, in den Wäldern konnte man mit einigem Glück Elche beobachten und aufnehmen, bloß ich hatte dieses Glück nicht. Ich befand mich gerade auf dem Weg zum Inari-See, da kam ich an diesem Gewässer vorbei. Die Wolkenstimmung war echt gut, aber mir fehlte das Motiv. Nur Wasser, Ufer und Wald war mir zu langweilig. Eines darf hier allerdings nicht missverstanden werden. Finnland ist alles andere als ein langweiliges Land, ganz im Gegenteil. Aber aufgrund der großen Dimensionen dauert es oft wirklich lange um von einem Highlight zum anderen zu kommen. Plötzlich sah ich in der Ferne einen Punkt am Ufer. Noch viel zu weit weg um sagen zu können um was es sich handelte. In gemächlicher Fahrt näherte ich mich dem Sujet und es stellte sich heraus, dass da eine einsame Hütte – zu welchem Zwecke auch immer – an den Strand gebaut wurde. Ich parkte den Wagen in einem Feldweg und näherte mich dem Gebäude samt Sachtler-Stativ und LowePro-Fotorucksack, schlenderte weitläufig um das Haus und suchte nach einem geeigneten Fotostandpunkt. Nach einer Weile glaubte ich einen solchen gefunden zu haben. Das Sachtler-Stativ war schnell aufgebaut. Auf dem Stativkopf hatte ich den Horizontal-Nodalpunktadapter von Sachtler montiert. Darauf wiederum schraubte ich die Alpha 900 von Sony und ermittelte die passende Brennweite. Diese übertrug ich nun auf den Nodalpunktadapter. Den richtigen Nodalpunkt zu finden ist bei Panoramaaufnahmen sehr wichtig, damit man zu Hause am Computer dann die Einzelbilder problemlos zu einem Panorama "stitchen" kann, ohne von unliebsamen Überlappungen und Geisterbildern überrascht zu werden. Den Nodalpunkt für jede einzelne Brennweite, hatte ich schon zu Hause eruiert und ihn an der Skala des Adapters markiert. Die Kamera muss dabei von Automatik auf Manuellbetrieb umgeschaltet werden. Mit dem Kamera-Belichtungsmesser oder einem Handbelichtungsmesser wird nun der mittlere Belichtungswert gemessen, die benötigte Blende und die Zeit auf die Kamera übertragen. Die meisten Panoramen fotografiere ich im Seitenverhältnis von 1:3. Dafür benötige ich drei horizontale Aufnahmen, die bis zu 30% überlappen. Das sind gezwungenermaßen die Voraussetzungen um ein digitales Panorama mittels einer geeigneten Software erstellen zu können.
So ... jetzt brauchte ich nur noch die "richtige" Stimmung abzuwarten. Die Wolken wurden immer dunkler, die ersten Tropfen fielen vom Himmel die in einen leichten Regen übergingen. Das Licht war zwar nicht ganz optimal, aber die Stimmung passte. Ich drückte dreimal auf den Aulöser – das war´s. Dem Bild sieht man nicht an, dass ich von den Moskitos zerstochen wurde, dass ich durchnässt bis auf die Haut das Auto erreichte und mir beim Einparken im Waldweg einen Platten gefahren hatte, worauf ich den Reifen bei strömenden Regen wechseln musste. All das war vergessen, als ich ein paar Wochen später zu Hause verträumt meine Bilder aus Finnland am hervorragenden, kalibrierten Bildschirm von Eizo sah.
Im Februar führte ich für Kneissl-Touristik eine Amateur-Fotografengruppe von 16 sehr engagierten Fotografen durch die Feuerinsel Island. Einer der Höhepunkte dieser Reise war die Exkursion in eine Eishöhle, die sich im Laufe des Jahres unter dem Vatnajökull – dem größten Gletscher Europas – gebildet hatte. Mit geländegängigen Jeeps wurden wir auf einer holprigen Piste – teilweise konnte man von einer solchen gar nicht mehr sprechen – zur Höhle gebracht. Ich war schon sehr oft in Island und kenne die Insel sehr gut, aber dieses fotografische Abenteuer war auch mir noch fremd. Und ein fotografisches Abenteuer wurde es allemal. Von außen gesehen war der Eingang zur Höhle nicht sonderlich spektakulär. Aber nachdem wir sie betreten hatten, kam das große Staunen und Bewundern. Hin und wieder waren Laute des Entzückens von den Fotografen zu vernehmen – ehrlich gesagt auch von mir. In meinem langen Fotografenleben habe ich so etwas noch nie gesehen. Blautöne in allen Nuancen. Die Sonne schien vom fast wolkenlosen Himmel, wurde von den über uns liegenden Eisschichten gebrochen und verstärkte diesen Effekt zusätzlich. Um auf den Auslöser drücken zu können, musste ich diesen Anblick erst einmal verdauen. Das Eis fühlte sich angenehm trocken an, fast so wie Glas. Wenn man ins Detail ging konnte man die unterschiedlichsten Einschlüsse bemerkten. Luftblasen oder Materialien, die der Gletscher auf seiner jahrtausendelangen Wanderung mitgenommen hat – eine ohne Übertreibung surreale Welt aus Blau. Es gab Gänge und kleine Dome die mehrere Meter hoch waren, dann wiederum konnte man nur in gebückter Haltung weiterkommen. Ununterbrochen klickten die Kameraverschlüsse der Fotografen. Unter den vielen Aufnahmen wählte ich für das Panorama März 2014 zunächst einmal jene, die den Höhleneingang zeigt, mit Blickrichtung von innen ins Freie. Schon bei der ersten Belichtungsreihe und Kontrolle am Display, war mir klar, dass es nicht einfach werden würde, perfekt belichtete Aufnahmen zu kriegen. Der Kontrastunterschied war immens und vom Sensor kaum zu bewältigen. Also musste ich entsprechend vorgehen und eine Panorama-HDR-Aufnahme machen. Normalerweise besteht bei mir eine Panoramaaufnahme aus drei horizontalen, hin und wieder auch sechs vertikalen Einzelbildern, die mit 30%iger Überlappung aufgenommen und am Computer zuhause "gestitcht" – also zusammengeführt - werden. Bei der Aufnahme verwende ich den Nodalpunktadapter meines Sachtler-Statives. Damit vermeide ich beim "stitching" unschöne Geisterbilder und doppelte Konturen. Ich fing mit dem linken Teilbild an. Bei abgeblendeten Objektiv (Blende 11) arbeitete ich mich von -3 Blendenstufen auf +3 Blendenstufen mit jeweils einer Blende Belichtungsunterschied durch. Dann kamen das mittlere Teilbild und schließlich das rechte Teilbild dran. Das ergab eine Belichtungsreihe von 7 Bildern pro Bild. Bei drei Teilbildern für das Panorama musste der Computer bei 24 Megapixeln pro Bild also insgesamt 21 Teilbilder bearbeiten. Obwohl ich über einen i7 Prozessor der neuen Generation verfüge, eine gewaltige Aufgabe für den Rechner. Um es ihm leichter zu machen und die Bearbeitungszeit auf ein annehmbares Maß runterzudrücken, habe ich zuerst die einzelnen Teilbilder mit einem HDR-Programm zusammengefügt. Aus sieben Bildern wurde nunmehr wieder ein Bild mit korrektem Tonwertumfang. Letztendlich hatte ich wieder meine drei Teilbilder, die anschließend mit einem Panorama-Stitching-Programm zusammengeführt wurden. Es ergab sich das gewünschte Seitenverhältnis von 1:3. Das Ergebnis wurde noch ein wenig nachbearbeitet, moderat geschärft und fertig war das gewünschte Panorama. War doch ganz einfach, oder?
Ich fuhr mit einem gemieteten Kleinwagen entlang der australischen Südküste von Melbourne kommend in Richtung Port Augusta. Die Südküste ist wegen ihrer spektakulären Felsformationen berühmt. Eine davon sind die 'Zwölf Apostel' im Port-Campbell-Nationalpark - d.h. es waren einmal zwölf. Denn zwischenzeitlich wurden einige vom Meerwasser soweit ausgehöhlt, dass sie zusammengestürzt sind. Die Brandung ist hier sehr stürmisch und die Wellen setzen sowohl ihre zerstörerische, als auch ihre schöpferische Kraft ein, um die Küste zu formen. Unaufhörlich nagen sie am Sockel der Felspfeiler, bis er so dünn ist, dass er das Gewicht nicht mehr tragen kann. Die Folge davon – der Pfeiler stürzt ein. Gleichzeitig bearbeitet das Meer die Steilküste. Und weil das Gestein weich ist, moduliert es, aus dem oft über 100 Meter hohen Abgrund, neue Pfeiler heraus. Zuerst sind es Brücken die entstehen, wie die Loch Art Gorge. Sie werden immer weiter ausgehöhlt, bis die Brückenverbindungen einstürzen und nur mehr der Brückenpfeiler stehen bleiben. So geschehen bei der London Bridge – neben den Zwölf Aposteln wohl das berühmteste Monument entlang der Great Ocean Road. Die erste Hälfte des mächtigen, doppelten Felsbogens, war noch bis zum Jahr 1990 stabil. Dann stürzte die Landverbindung unvermittelt ein. Nur die London Stacks, die Brückenpfeiler mit dem zweiten Bogen blieben stehen. Was für ein Pech für die zwei Touristen, die plötzlich ohne Rückzugsmöglichkeit alleine auf dem, von der See umtosten zweiten Felsbogen, standen. Sie mussten mit dem Helikopter geborgen werden. Dasselbe Phänomen trat bei den 'Zwölf Aposteln' auf. Die Brücken stürzten ein, übrig blieben die Brückenpfleiler. Natürlich geschieht dies nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess, der sich über viele Jahrhunderte hinzieht, aber irgendwann werden die 'Zwölf Apostel' Geschichte sein, wobei andernorts vielleicht neue entstehen.
Gemächlich fuhr ich mit dem Auto die Straße entlang und es regnete schon den ganzen Tag. Aber irgendwann und irgendwo bemerkte ich am Horizont über dem Meer einen schmalen Lichtstreifen. Das ist immer ein gutes Zeichen für einen Fotografen, wenn er mit miesem Wetter kämpft und auf ein besseres hofft. Deswegen verweilte ich mehrere Stunden an meinem Fotostandpunkt. Es hörte auf zu regnen, das Licht wurde zwar besser, aber die Luft war durch den hohen Feuchtigkeitsgehalt diesig, die Fernsicht daher nicht sonderlich gut. Doch meine Geduld wurde belohnt. Kurz vor Sonnenuntergang entwickelte sich über dem Meer eine brauchbare Wolkenstimmung. Um sie zu verstärken, benutzte ich einen rötlichen Verlaufsfilter. Jetzt stellte sich heraus, dass die diesige Stimmung gar nicht so unvorteilhaft war. Zufrieden fuhr ich zum Campingplatz, fütterte den Inhalt der CF-Karte in den Laptop und fügte die Einzelbilder zu einem Panorama zusammen. Wurde doch gar nicht so schlecht – das Bild.
Im Frühjahr 2012 mache ich Kneissl-Touristik den Vorschlag, eine einwöchige Fotoreise unter meiner Leitung nach Kroatien zu veranstalten. Vorgesehen sind die Plitvicer-Seen, Dubrovnik, der Großteil der Mittelmeerküste und Pula. Ich kenne zwar die Ziele - vor über dreißig Jahren war ich ein paar mal dort - aber dreißig Jahre ist eine lange Zeit. Seither hat sich sowohl das politische, als auch das wirtschaftliche System radikal geändert. So gesehen ist mir das Land eigentlich fremd. Bevor ich eine Reiseleitung übernehme, muss ich meine Ziele ganz genau kennen, sowohl in kultureller als auch in fotografischer Hinsicht. Die Fotoreise ist für Juni angesetzt. Also baue ich Anfang Mai, den damals noch in meinem Besitz befindlichen Mercedes Vito, in ein 'Wohnmobil' um. Normalerweise verwende ich den Wagen bei meinen Vortragstourneen zum Transport der Projektionsanlage. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass man den Wagen auch in ein bescheidenes 'Schlafmobil' – Wohnmobil ist übertrieben – umwandeln kann. Sitzreihen raus, Liege rein – was will man mehr. In einer 14-tägigen Reise erkunde ich die besten Fotostandpunkte und machte mir Notizen über die Lichtsituationen zu verschiedenen Tageszeiten. Dabei komme ich auch in entlegene Gegenden. Schon von der Ferne erkenne ich einen markanten Hügel mit einem Bauwerk darauf. Ich bin neugierig geworden und suche eine Zufahrt, kann jedoch keine finden. Also umrunde ich den Hügel in einiger Entfernung und hoffe einen Waldweg oder Wiesenpfad zu entdecken. Dabei nähere ich mich immer mehr dem Buckel in der ansonsten flachen Umgebung. Plötzlich sehe ich einen roten Fleck in der Wiese. Um was es sich handelt weiß ich noch nicht, hoffe aber auf Mohnblumen. Ich parke den Wagen neben der Straße, schnappe mir Fotorucksack und Stativ und marschiere los. Bis zur Kapelle sind es geschätzte eineinhalb Kilometer. Tatsächlich, der rote Fleck sind Mohnblumen. In der Sonne leuchten sie in einem wunderbaren Rot, im Hintergrund liegt der Hügel mit der Kapelle, überdeckt von einem strahlend blauen Himmel. Was für ein Motiv!
Ich suche einen geeigneten Standpunkt, spreize mein Gitzo-Stativ sehr weit auseinander, sodass sich die Kamera knapp über den Boden befindet. Ich schieße eine ganze Serie: normale Bilder, Panoramen und SW-Aufnahmen. Eine geraume Weile hocke ich wegen des niedrigen Kamerastandpunktes in verrenkter Haltung da. Dann mühe ich mich wieder auf. Wenn ich bloß kein Kreuz mit dem verflixten Kreuz hätte. Mein Sohn würde jetzt sagen: "Papa, lass bloß den Anderen nicht kennen, dass du alt wirst. Damit schädigst du dein Image!". So ein Quatsch, ich und alt! Ich wandere jetzt zur Kapelle hin und es stellt sich heraus, dass es die Sveti Nikola ist – so steht es auf einer Tafel geschrieben. Was sich noch herausstellt ist, dass sich hinter der Kapelle ein Garten mit blühenden Apfelbäumen befindet. Welch ein Geschenk! Nochmals Dutzende von herrlichen Motiven. Ich erkenne wieder einmal – Abstecher können sich lohnen. Schade nur, dass im Juni, wenn ich mit meinen Gästen hier durchfahre, weder Mohnblumen noch Apfelbäume blühen.
Es ist November 2013. Seit ein paar Tagen bin ich von einer Afrikareise wieder zurück. Ich führte vierzehn "fotogafierwütige" Touristen durch Namibia, Botswana und Simbabwe. Eine tolle Reise mit tollen Motiven und tollen Amateurfotografen. Wie oft, wenn ich von fernen Reisedestinationen zurückkehre, zieht es mich anschließend in die heimische Natur. Oft ungewollt stelle ich dann Vergleiche an, zwischen der Landschaft hier in der Heimat und der in der Ferne. Und wie immer muss ich feststellen, dass sich kein Vergleich ziehen lässt ... unsere heimatlichen Landschaften sind einzigartig. In vergangenen Jahren zog es mich sehr oft in die Berge des Salzkammergutes, um für meinen eBildband "Salzkammergut – Panorama" zu fotografieren. Deswegen kenne ich auch die "versteckten Winkel" dieser Gegend – zumindest bilde ich mir das ein. Da ich daheim eher "fahrfaul" bin – im Gegensatz zu den vielen tausenden Kilometern die ich in fremden Ländern bewältigen muss – suche ich mir fast immer Ziele in meiner Nähe. Das Ennstal hatte ich schon seit Längerem nicht mehr besucht – es wird also wieder einmal Zeit. Die Fahrt geht über Bad Goisern, dem Pötschenpass, Bad Aussee, Bad Mitterndorf und Trautenfels nach Gröbming. Auf der schönsten und höchsten mautfreien Alpenstraße der Steiermark erreiche ich den wunderschönen Aussichtsberg "Stoderzinken" hoch über dem Ennstal. Vom Parkplatz bei der Alm wandert man dann gemütlich bis zum Gipfelkreuz. Ich bin schon um vier Uhr morgens von zuhause losgefahren. Es ist bereits hell als ich den Parkplatz erreiche, die Sonne versteckt sich aber noch hinter dem Horizont. Tief unten im Tal liegt der Nebel wie die Fluten des Meeres in einem norwegischen Fjord. Die aufsteigenden Schwaden tauchen die umliegenden Berge in ein blau schimmerndes Licht. Nur ihre Konturen sind zu erkennen, Einzelheiten bleiben im Graublau verborgen. Ich erkenne das Motiv mit einem Blick und weiß sofort, dass nur ein Ausschnitt aus der Landschaft zu einem guten Bild führen würde. Ein paar Tage zuvor erhielt ich zu meiner Sony Alpha 900 das Telezoom 4,5-5,6/75-300 mm G. Eigentlich ist es als Ergänzung zu meiner lichtstarken Variante 2,8/80-200 mm G gedacht – eine fantastische Linse, aber unglaublich schwer. Speziell dann, wenn auch noch die Videoausrüstung in den Flieger muss, bekomme ich Gewichtsprobleme. Das SAL75300 ist zwar lichtschwächer aber auch um fast die Hälfte leichter, bei einem Zugewinn von 100 mm Brennweite. Und genau diese 100 mm mehr, kommen mir bei dieser Aufnahme zugute. Mühelos ziehe ich die Berge heran, schiebe Störendes einfach weg. Noch beim langsamen Heranzoomen bemerke ich, wie sich die Perspektive teletypisch verdichtet. Das Bild wird sozusagen gestaucht, die Berge sehen zweidimensional aus, als würden sie sich auf einer Ebene befinden oder ganz knapp hintereinander. In Wirklichkeit liegen viele Kilometer zwischen den einzelnen Gipfeln. Diese "Stauchung" intensiviert auch das Blau der Landschaft und verdichtet den Nebel und die Diffusität bereitet mangels fehlender Kontraste keinerlei Belichtungsschwierigkeiten. Trotzdem mache ich eine Belichtungsreihe – sicher ist sicher. Schon am Kameradisplay erkenne ich ... eine gute Aufnahme, die am Computer kaum mehr nachbearbeitet werden muss. Ein Zuviel würde hier nur das Wenige im Bild kaputt machen.
Durchgerüttelt und durchgeschüttelt bewege ich mich mit meinem kleinen gemieteten Gelände-Toyota im Schritttempo entlang des 'Forgotten World Highway', wobei der Begriff 'Highway' nicht als Synonym eines amerikanischen Highways gesehen werden darf. 'Forgotten' allerdings trifft den Nagel auf den Kopf. Denn dieser Dschungelpfad dürfte schon seit langem von der Zivilisation vergessen worden sein. Als windige holprige schlecht gesicherte Schotterpiste führt er mehr als hundertfünfzig Kilometer durch einsame Regenwälder und hügeliges Bergland bis zum Taranaki-Nationalpark. Diesen 'Highway' zu befahren ist eine langwierige kurvenreiche Angelegenheit. Jedoch, die Eindrücke die man mitbringt bleiben unvergesslich. Nur hin und wieder begegnet man den Bauern entlegener, gottverlassener Farmen. Der beinahe verlassene Ort Whangamomona mit seinem mittelalterlichen aber immer noch intakten Hotel, liegt etwa auf halbem Weg. Die Herberge führen zwei der wenigen Einwohner, die in Whangamomona geblieben sind – der alte Bill und seine Frau. Alle anderen haben vor der Einsamkeit die Flucht ergriffen. Sie freuen sich über jeden Gast, das bringt etwas Abwechslung in das sonst einsame Alltagsleben. Das Postamt hat schon vor langer Zeit geschlossen, ebenso der Fleischerladen – die Häuser sind dem Verfall preisgegeben. Nur ein einziges schmuckes Häuschen mit Satellitenfernsehen ist liebevoll gepflegt, es ist das Heim von Bill und Mathilda. Wöchentlich mäht er den Rasen hinter seinem Haus. Um die kleine Kirche, gleich daneben, kümmert sich ebenfalls Bill. Weiß Gott, wann hier die letzte Messe gefeiert wurde. Die Autowerkstätte, mit einigen rostigen Wracks darin, hat ebenfalls schon lange geschlossen. Die Wellblechgaragen rosten vor sich hin, bis sie eines Tages wohl einstürzen werden. Einmal im Monat fährt Bill mit seinem alten Ford Transit zum Einkauf nach New Plymouth. Für die knapp neunzig Kilometer lange Strecke benötigt er fünf Stunden. Kurz bevor der 'Forgotten World Highway' den Taranaki-Nationalpark erreicht, weicht der dichte Regenwald einem hügeligen Weideland. Subtropische Regenwälder bedeckten einst diese Gegend, doch die Menschen brauchten Holz für den Haus- und Schiffsbau. Nach dem Kahlschlag setzte die Bodenerosion ein. Die Schafbauern müssen Vorkehrungen treffen, Zäune aufstellen oder Wälle aufschütten, und liegen im ewigen Kampf mit den zumindest hier zerstörerischen Naturkräften. Die Landschaft wirkt auf mich dermaßen imposant, dass ich beschließe, hier die Nacht zu verbringen, zumal ich einen herrlichen Fernblick auf den Mt. Egmont – oder Taranaki, wie ihn die Maori nennen – habe, den wohl schönsten Vulkan in Neuseeland. Kaum woanders im Land findet man so viele verschiedene Vegetationsstufen gepaart mit einem so wohlgeformten Vulkan, wie im 33.000 ha großen Taranaki-Nationalpark. Der 2518 Meter hohe Feuerberg ist immer von Eis und Schnee bedeckt. Eine fast undurchdringliche Vegetation, mit mächtigen Rimu-Bäumen, Totaras, Kaikas, Rhododendren, Farnen und Redwoods bedecken seine unteren Hänge. Als Wanderer habe ich die Auswahl zwischen einem kurzen Spaziergang bis zu einer Viertageswanderung rund um den Berg. Der Gipfel selbst wird jedes Jahr Dutzende Male bestiegen und ein örtlicher Bergsteigerclub veranstaltet einen offenen Tag der Gipfelbesteigung. Ich jedenfalls freue mich auf ausgiebige Exkursionen mit sicherlich schönen Motiven.
Die Nacht ist ziemlich kalt hier in den Bergen. Mit klammen Gliedern krieche ich um vier Uhr Morgens aus dem Zelt. Hinter dem Mt. Egmont bemerke ich einen zart rosafarbenen Himmel. Rasch hole ich das Stativ und die Kamera aus dem Auto. Als Objektiv wähle ich meine 400 mm-Brennweite. Der Blick durch den Sucher zeigt mir, wie sich durch die charakteristische Telewirkung die Perspektive verdichtet. Die einzelnen Hügel scheinen ganz knapp hintereinander zu liegen. Tatsächlich sind es von meinem Standpunkt bis zum Vulkan noch über dreißig Kilometer. Es wird heller, die Sonne steht zwar noch nicht über dem Horizont, aber der Himmel glüht jetzt geradezu. Ich brauche keinen Verlaufsfilter um das Rot des Firmaments zu verstärken – würde auch gar nicht gehen, der Durchmesser der Frontlinse eines 400ers wäre viel zu groß. Allerdings mache ich ein paar Belichtungsreihen zu Sicherheit. Plus/minus eine Blende in Abstufungen müsste genügen. Der Blick aufs Display bestätigt es. Erst als die Sonne hoch am Himmel steht und das zarte Rosa einem grellen Gelb gewichen ist, bau ich mein Zelt ab und fahre weiter.
Über 90% der Thais sind Anhänger des Therawada-Buddhismus. Die wohl heiligste und schönste Tempelanlagen ist Wat Phra Keo, der Tempel des königlichen Palastes. Man sagt, wer Thailand besucht, ohne den Wat Phra Keo zu beehren, würde wahrscheinlich auch Rom verlassen, ohne den Petersdom gesehen zu haben. Obwohl es vielmehr der Besucher aus der Fremde ist, der sich beehrt fühlen darf, wenn er ehrfurchtsvoll und staunend vor diesem Monument, aus in Gläubigkeit geborener Fantasie, steht. Der Tempel ist eine unglaubliche Ballung von überaus exotischer Architektur mit Fabelwesen die unseren Sinnen nicht zugänglich sind ... zumindest für uns Europäer. Trotz der zahlreichen Touristen aus aller Welt umschwebt ihn eine Woge aus Lieblichkeit, Faszination, Fremdartigkeit und Friedfertigkeit, wie kaum ein anderes Bauwerk auf diesen Planeten. Obwohl ich schon viele architektonische Kostbarkeiten gesehen habe, empfand ich ähnliche Gefühle nur mehr vor dem weltberühmten Taj Mahal. Ich stellte mir die Frage, wie tief der Glaube wohl sein muss, um solche, ja beinahe übermenschlichen Bauwerke kreieren zu können. Wie tief muss das Vertrauen in eine Gottheit sein, um solche Monumente als Zeichen der Hingabe zu erschaffen. Und ich denke dabei nicht nur an den Buddhismus, sondern an den Petersdom, das Taj Mahal, die Pyramiden von Gizeh und in Mexiko, Angkor Wat, die Badsahi Moschee in Lahore und noch viele mehr. Und gleichzeitig frage ich mich, ob wir heute noch in der Lage sind, in Verbundenheit mit dem Überirdischen solche Bauwerke zu erschaffen. Gewiss, wir errichten Türme, die tatsächlich bereits an den Wolken kratzen und deren Spitze die 800 Meter Marke überschreiten. Aber sind das tatsächlich Monumente die eine wohlgesinnte Gottheit verkörpern, oder sind es nicht viel mehr Sinnbilder alles zerfressender Götzen? Den Götzen Geld und Macht, Götzen, die noch kaum Frieden und Freude über die Menschen gebracht haben? All diese philosophischen Fragen gehen mir durch den Kopf, angesichts dieses Kunstwerkes aus Millionen von Ziegeln, Tonnen von Gold und menschlicher Schöpferkraft.
Die Aufnahme machte ich gegen Mitternacht. Es war gar nicht so leicht, das Bild so hinzukriegen, wie dargestellt. Viel störendes Fremdlicht, verursacht von Straßenlaternen, Autoscheinwerfern und Flutern beeinflussten den Kontrast äußerst negativ. Meine Frau half mir bei der Aufnahme. Wir hatten schon tagsüber, Stofftücher und Schirme gekauft, um störende Lichtquellen von der Frontlinse des 150 mm Objektives fernzuhalten. Aufgenommen wurde das Bild mit der Zenza Bronica SQ-Ai auf 6x6 Kodak Diafilm. Ein Bild, das ich nicht als 100%ig gelungen bezeichnen würde, unter Bedacht auf die schwierigen Aufnahmebedingungen aber doch als zufrieden stellend eingestuft werden kann.
Vor einigen Jahren begann ich mit der Produktion meiner GLOBAL-VISION "Abenteuer Afrika – durch die ältesten Wüsten der Erde bis zu den großen Tierparadiesen". Ich war schon fast zwei Monate unterwegs und in einer Woche ging es nach Hause. Es würde nicht meine letzte Reise ins südliche Afrika bleiben, viele sollten noch folgen. Trotzdem mich Afrika mit all seinen Kulturen, Menschen, Tieren und Landschaften fasziniert hat, freute ich mich auf die heimatlichen Gefilde. Zwei Monate völlig alleine mit dem Zelt durch die Wüsten und Tierparadiese streifen ist zwar eine fantastische Sache, hat aber auch seine Schattenseiten. Einsamkeit, kaum Ansprache, Gefahren richtig einschätzen, sich dieser aber guter Bilder wegen auch ganz bewusst aussetzen, die immerwährende Jagd nach guten Motiven von früh Morgens bis spät Abends, ja manchmal sogar in die Nacht hinein, unglaubliche Müdigkeit, wenn man unter sengender Hitze viele hundert Kilometer am Stück gefahren oder stundenlang durch die Wüste marschiert ist ... das ist der Preis, den man dafür zu bezahlen hat. So kam es vor, dass ich mir hin und wieder wünschte, bequem vor meinem großen Fernseher im Wohnzimmer bei einem Glas guten "Chianti classico" zu sitzen und gemütlich "Universum" oder "Terra mater" zu schauen. Und so wie ich als Konsument diese Filme mit ihren einzigartigen Aufnahmen bewundere, erhoffe ich mir, dass es bei meinen Vorträgen ähnlich sein wird, wenn die Blicke der Zuseher fasziniert auf der Leinwand schweifen. Viele werden begeistert sein, einige werden kritisch sein und so mancher wird sie ablehnen. Aber niemand wird sich fragen, welcher finanzieller, logistischer und körperlicher Aufwand nötig war, um überhaupt zu solchen Aufnahmen zu kommen. Wenn dann die Vortragsbesucher nach der Vorstellung zu mir kommen, immer noch beeindruckt viele Fragen stellen und von ihren eigenen Fotoreisen erzählen, dann weiß ich .... es hat sich gelohnt, ich habe ein Feuer entfacht. Und gelegentlich gibt mir diese Vorstellung die Kraft weiterzumachen ... zu fotografieren, zu erzählen, zu mahnen.
Meine letzte Station war der Chobe, jener berühmte Fluss, der wegen seiner fantastischen Tierwelt wohl einzigartig ist in dieser Region. Beim Campen lernte ich zwei französische und einen australischen Fotografen kennen. In Botswana ein Boot samt Führer zu mieten, dass fotografischen Ansprüchen genügt, kann eine kostspielige Angelegenheit sein. So tat ich mich mit den drei Fotografenkollegen zusammen. Ich weiß nicht mehr wie lange wir schon auf dem ruhigen Wasser des Chobe dahin glitten. Bei einer Flussbiegung wollte ich raus um ein Panorama zu machen. Die Sonne neigte sich dem Horizon entgegen, das Licht war gut und wurde immer besser. Der Australier stieg ebenfalls aus, die beiden Franzosen wollten nicht. Ich ersuchte nun den Bootsführer wieder ein Stück zurück zu fahren, ein paar Minuten zu warten bis sich die Wasseroberfläche beruhigt hatte, um dann ganz langsam wieder in Richtung Flussbiegung zu fahren. Gesagt, getan. Eine unglaubliche Stille lag über der Landschaft, nur das leise Tuckern des Motors war zu hören. Spiegelglatt lag die Wasseroberfläche des Flusses vor mir. Langsam bewegte sich das Schiffchen auf uns zu. Die Kamera stand auf dem Sachtler-Stativ. Auf der Sony Alpha 900 hatte ich die 2,8/24-70er Optik von Zeiss angesetzt. Jetzt nur noch warten bis sich der Kahn im goldenen Schnitt befand und ... klick. Mit erhobenen Daumen gab ich dem Bootsführer zu verstehen ... that´s it.
Nein - dieses Foto wurde nicht in China mit künstlicher Beleuchtung aufgenommen und nein - in der Kirche befindet sich kein Fastfood-Restaurant. Es handelt sich um das Original-Hallstatt und nicht um das chinesische Pendant – sprich "Klau".
Es war ein schöner Herbstsonntag und ich wollte einfach raus mit der Kamera. Egal ob mir tatsächlich ein gutes Foto gelingt sollte oder nicht – ich verspürte den Drang mich einfach nur in der Natur zu bewegen. So beschloss ich nach Obertraun zum Koppenwinkelsee zu fahren, eine der wenigen Orte im Salzkammergut, den ich vorher noch nie besucht hatte. Der Spaziergang führte mich rund um den See bis zum Bühlerbachursprung. Das Licht der frühherbstlichen Sonne war zwar warm und weich, aber für wirklich gute Fotos war die Laubverfärbung noch nicht fortgeschritten genug. Macht ja nichts, es muss nicht immer ein Meisterfoto gelingen, es genügt oft auch die Wanderung zu genießen. Und das tat ich mit jedem Schritt, merkte mir aber vor, die Laubverfärbung genau zu beobachten und zum richtigen Zeitpunkt wiederzukommen.
Bei der Rückfahrt liegt am Ortsende von Obertraun rechterhand eine große Badewiese. Die Sonne hatte sich schon hinter das Dachsteinmassiv gesenkt und der ganze See lag bereits im tiefen Schatten. Nur die Bergspitze des Sarsteins war noch angeleuchtet. Doch plötzlich sah ich den Tanz eines einsamen Lichtstrahls auf der Wasseroberfläche des Hallstättersees. Ich stoppte den Wagen am Parkplatz, schnappte das Sachtler-Stativ und den Fotorucksack und rannte über die Wiese zum Ufer. Das Stativ in die Waage gerichtet, die Kamera mit Nodalpunktschiene am Stativkopf befestigt, an das Bajonett der Alpha 900 das Sony 4,5-5,6/70-300 mm G angesetzt und zugewartet. Mal sehen wohin sich der Lichtstrahl bewegt. Die Sonne stand genau in einem Tal zwischen zwei Berghängen, in ein paar Minuten würde sie endgültig verschwinden. Ich sah, dass sich der Lichtstrahl immer mehr auf den Ort zubewegte. Als er die ersten Häuser traf, drückte ich auf den Auslöser. Wieder und immer wieder – bis der Sonnenstrahl letztendlich versiegte. Ich hätte mir zwar gewünscht, dass auch noch der Kirchturm vom Lichtkegel erfasst wird, aber das spielte es leider nicht. Nun gut, man kann ja nicht alles haben. So gelang mir dann doch noch ein gutes Bild auf meiner frühherbstlichen Wanderung im Salzkammergut.
Wer nach Irland reist um dort andauernd Sonnenscheinfotos aufnehmen zu wollen, hat sich entweder vorher nicht über die klimatische Situation auf der Insel erkundigt, hat sich auf sein Glück verlassen oder ist ein fotografisches Reise-Greenhorn. In Irland regnet es mindestens so oft, wie die Sonne scheint. Aber genau das macht den fotografischen Reiz aus. Gute Bilder entstehen nämlich bei Regen mindestens genauso gut, wie bei Sonnenschein. Wolkenloser Himmel ist sehr rar auf der grünen Insel. Die Ausrede "...ich konnte keine guten Fotos schießen, weil es bei meiner Reise ununterbrochen geregnet hat!" mag möglicherweise für andere Länder gelten, aber sicherlich nicht für Irland. Erstens: es kann zwar vorkommen, dass es bei einer einwöchigen Reise ohne Unterlass schauert - dann ist das wirklich außergewöhnliches Pech - und zweitens: meine schönsten Irlandaufnahmen habe ich bei Regen gemacht. In Irland gibt es diesen ganz feinen Nieselregen, eigentlich schon mehr einen Nieselstaub. Diese mikroskopisch feinen Wassertröpfchen streuen das Licht, die ohnehin unzähligen Grüntöne fließen dann ineinander und wer es jetzt versteht, den richtigen Landschaftsausschnitt zu wählen und perfekt zu belichten – eine minimale Überbelichtung ist oft von Vorteil – bekommt kein Foto, sondern ohne Übertreibung ein Gemälde aus Licht. Das erhält man auch bei lockerer Bewölkung. Die Sonne versteckt sich hinter einer Wolke, der Fotograf steht im Schatten, aber der gegenüberliegenden Hang oder die Insel draußen am Meer liegt im Sonnenlicht. Wenn jetzt noch der Wind weht und die Wolken rasch am Himmel ziehen, dann ergibt sich ein ganz besonders reizvolles Spiel. Die Sonnenstrahlen irren und tanzen in der Landschaft herum. Dieser besondere "Bolero" ist aber leicht zu durchschauen, seine Schrittfolge sozusagen unschwer vorherzubestimmen. Der Fotograf merkt sich Windrichtung, Windgeschwindigkeit und beobachtet die ziehenden Wolken. Jetzt stellt er seine Kamera aufs Stativ, wählt einen Ausschnitt, wartet zu und beobachtet die Wolken. Lugen die ersten Sonnenstrahlen hervor und treffen auf sein Motiv hat er eine Spotbeleuchtung und braucht nur mehr abzudrücken. Wenn die Zeit reicht, kann er auch mit Belichtungsvarianten spielen – der Erfolg ist ihm gewiss. Sehr gute Aufnahmen entstehen auch, wenn es kurz vorher geregnet hat, der Himmel noch mit dunklen Wolken verhangen ist, die Wolkendecke plötzlich aufbricht und die Sonne durchscheint. Zumeist ergeben sich durch die Wolken 'abgenegert' (= ein fotografischer Fachausdruck und heißt soviel sie abgeschattet) ganz besonders weiche, goldene oder pastelltönene Farben - ein Licht von ganz besonderer Qualität. Und dieses Glück hatte ich bei meiner Aufnahme von den "Cliffs of Moher". Diese Klippen zählen zu den höchsten in Europa. Kurz zuvor hatte es übergangslos zu schütten begonnen. Die meisten Touristen flüchteten zu ihren Autos und fuhren weg. Ich war weit von meinem Wagen entfernt, was zur Folge hatte, dass ich durchweicht wurde. Aber in solchen Situationen setzt sich bei mir immer ein gewisser Trotz durch: "Eh scho wurscht, jetzt bist scho drecknass, schei??? nu amoi. Jetzt geh i erst recht weida!" Und genau diese Einstellung verhalf mir zum Bild. Draußen am Meer riss die Wokendecke auf und es entstand ist geschilderte Lichtsituation. In aller Ruhe baute ich mein Stativ auf und schoss ein schönes Bild nach dem anderen. "Ha, typisch Hotelturistn, wieda amoi verpasst. Eine ens Auto und nix wia weg. Des håbts von eirer Hetzerei. Hät´s fünf Minutn gwårt, hät´s a knippsn dürfn." Es war nur gut, das ich nicht näher beim Auto war.
Im Februar d.J. führte ich 16. Fotografen bei einer Winterreise für Kneissl-Touristik durch Island. Neben vielen fotografischen Highlights, wie einer Eishöhle unter dem größten Gletscher Europas dem 'Vatnajökull' mit einer Fläche (8100 km²) größer als das Bundesland Salzburg (7154 km²), der eisbergüberzogenen Gletscherlagune Jökulsárlon, den skurrilsten Eisskulpturen an den schwarzen Lavasandstränden an der Südküste, den fauchenden Geysiren inmitten schneebedeckter Landschaften und den gefrorenen Vorhängen der mächtigen Wasserfälle, war es vor allen Dingen das Licht, welches die Winterlandschaft Island verzauberte. Aufgrund der hohen nördlichen Breitengrade steht die Sonne allzeit niedrig, d.h. der Einfallswinkel des Lichtes ist ständig sehr flach. Während man bei uns immer die frühen Morgen- bzw. späten Nachmittags- oder Abendstunden abwarten muss um vergleichbares Licht nutzen zu können, herrscht im isländischen Winter während des ganzen Tages dieser wunderbar weiche, in vielen pastelltönenen Farben leuchtende Glanz vor. Kurz vor Sonnenuntergang intensiviert sich die Pracht nochmals. Oft werde ich gefragt: "Winter in Island, im hohen Norden, ist das nicht fürchterlich kalt?" Ist es nicht! Warum nicht? Nun, der Golfstrom macht's möglich. Der Ursprung dieser Meeresströmung liegt jenseits des Äquators im südlicheren Atlantik und zieht sich dann quer über diesen in die Karibik. Dabei heizt sich das Wasser auf. Bei Florida ändert der Strom die Richtung und nimmt Kurs auf Europa. Zwar kühlt sich dabei das Wasser etwas ab, aber es ist immer noch warm genug, um maßgeblich das Klima auf unserem Kontinent zu beeinflussen. Die Hälfte Skandinaviens und auch Island müssten eigentlich total vereist sein, aber dank des Golfstromes ist das nicht der Fall. Darum sind die Winter in Island nicht kälter als jene in Österreich. Trotzdem: in Island wird das Wetter für Kontinentaleuropa gemacht. Deswegen kann man dort nie verbindliche Wetterprognosen erstellen. Der Isländer sagt: "Wenn du wissen willst wie das Wetter morgen ist, frage mich übermorgen!" So war es auch bei dieser Reise. An der Südküste hatten wir noch herrliches Wetter und es gelangen uns wunderschöne Aufnahmen. An der Westküste fing es plötzlich an heftig zu schneien und kurz vor Egilstaðir setzte ein derartiges Schneetreiben ein, dass die Strasse Richtung Norden gesperrt werden musste. Aber gerade dort lagen noch einige Sehenswürdigkeiten die wir besuchen wollten. Allerdings ... wir waren in Island, und wenn dort wettermäßig nichts mehr geht, dann geht eben nichts mehr ... und das sowohl im Winter, wie auch im Sommer. Für die nächsten Tage blieb die Straße gesperrt. Jetzt hieß es improvisieren. Ein Telefonat mit Frau Elisabeth Kneissl genügte und kurze Zeit später waren Hotels im Süden gebucht und eine Alternativroute ausgearbeitet. Mit Superjeeps ging es in die winterliche þhórsmörk. Das versprach Abenteuer pur zu werden und so war es denn auch: das Hochland im Winter, wo normalerweise niemand hinkommt. Sämtliche Pisten ins Hochland sind zu dieser Jahreszeit gesperrt. Nur gut ausgestattete Expeditionen mit entsprechenden Fahrzeugen wagen diese Tour. Die þhórsmörk ist je nach Wetter schon im Sommer nicht leicht zu erreichen ... aber im Winter – das war auch für mich Neuland, ich war gespannt. Wir mussten Flüsse furten, das Wasser stand fast bis zu den Seitenscheiben (das Fahrzeuginnere blieb natürlich trocken), wir krochen entlang vage erkennbarer Schneepisten, vorbei an gigantischen Eishöhlen und Gletscherbrüchen. Das Eis knirschte unter den Ballonreifen, eine Gefahr bestand allerdings nie! Wir hatten dafür das Gefühl von Freiheit und Abenteuerlust, immer in Begleitung von sensationellen Landschaften mit unglaublichen Lichtstimmungen – wie eben bei dieser Panoramaaufnahme. Nach der Reise kam ein Gast zu mir und sagte: "Gut dass die Straße nach Norden gesperrt war, sonst hätten wir das nicht gesehen. Ich hab jetzt allen Grund nochmals nach Island im Winter zu reisen. Schließlich wartet da noch Einiges im Norden auf mich." Ja, so ist eben Island.