Fotografisch hat mich die Toskana schon immer gereizt. Weite Felder, hügelige Landschaften, einsame Bauernhöfe, Zypressenalleen, das sind die Bilder die ich mit der Toskana assoziierte. Auch kleine Städte wie San Gimignano, Volterra, Pienza, Montalcino und Pitigliano zeichne ich in meinem Vorstellungsbild über eine der reizvollsten Landschaften Italiens hinzu. Die großen Städte wie Florenz, Siena, Pisa oder Prato habe ich zumeist vermieden. Viel zu viel Hektik, viel zu viele Touristen, vom Verkehr total verstopfte Straßen und viel zu laut, waren meine Argumente, die mich immer einen großen Bogen um diese Ballungszentren machen ließen. Aber die Verlockung des Besuches der Ponte Vecchio, des Davids von Michelangelo in Florenz, des Piazza del Campo in Siena, des Kunstzentrums Luigi Pecci in Prato und des Schiefen Turmes von Pisa, war dann doch zu mächtig. Schon am Vortag besuchte ich das Gelände mit dem Dom und dem Campanile in Pisa. Es war wie ich befürchtet hatte – Menschenmassen. Völlig unmöglich ein einigermaßen ansehnliches Foto machen zu können. Also kehrte ich am nächsten Morgen, schon eine Stunde bevor das Tor geöffnet wurde, zurück. Hurra, ich war der erste, noch keine Touristenbusse. Schnell kaufte ich ein völlig überteuertes Ticket und suchte sofort den Standpunkt auf, den ich schon am Vortag als besonders günstig gewertet hatte. Es war kaum zu glauben. Sauber und gepflegt lag der Rasen der am Vortag noch einer kleinen Mülldeponie glich vor mir. Ich fand nicht einmal mehr ein weggeworfenes Papiertaschentuch – alles blitzeblank. Ich war happy. Schnell baute ich mein Gitzo Studex Performance Stativ auf, klappte die Noblex 150 Panoramakamera, die ich schon vorher mit Ektracrome 100 Prof-Film bestückt hatte, auf den Manfrotto-Kopf, justierte das Ding vorsorglich, maß das Licht auf das Genaueste und drückte auf den Auslöser. Surrend bewegte sich die Trommel mit einer sechzigstel Sekunde und scannte das Motiv ab. Weiter kam ich nicht mehr. Denn plötzlich standen zwei Uniformierte hinter mir und forderten mich auf, das professionelle Fotografieren zu unterlassen – es sei nämlich verboten. Auf meine Frage, was sie denn unter professionelles Fotografieren verstehen würden, deutete der eine auf das Stativ. „Das hier ist professionell“, meinte er. Er verwies mich in ein nahegelegenes Büro. „Dort können Sie ein Permit für professionelles Fotografieren kaufen“. Ich ging zum Büro, und bezahlte dreißig Euro für professionelles Fotografieren, wofür ich auch nach Verlangen keine Quittung bekam. Bella Italia! Aber dafür durfte ich jetzt mit Stativ fotografieren. Nur, zwischenzeitlich waren die ersten Touristenbusse angekommen und eine Heerschar überflutete den Rasen. Na ja, wenigstens kam ich zu einer brauchbaren Aufnahme.
Hin und wieder wurde ich an Vortragsabenden die dem Thema Norwegen gewidmet waren gefragt, welches denn nun der schönste Flecken des skandinavischen Landes sei. Mit voller Überzeugung antwortete ich dann: „Die Lofoten“. Diese Meinung vertrete ich noch heute. Die kleine Inselgruppe, unweit der Festlandküste vorgelagert, ist landschaftlich gesehen schon etwas Besonderes. Nähert man sich dem „Inselreich“ von Süden, so ragt die „Lofotwand“, die bis rund 1.000 m senkrecht aufsteigende Gebirgskulisse, aus dem Meer. Viele der durch schmale Sunde getrennten Eilande sind unbewohnt, einige nur spärlich besiedelt und doch leben insgesamt etwa 25.000 Menschen auf einer Fläche von rund 1.220 km².
Die Lofoten haben zu jeder Jahreszeit dem Touristen einiges zu bieten. Im Winter sind es traumhaft schöne, mit Schnee bestäubte Landschaften. Im Frühling reizen die Lofotenfischer, die zeitig am Morgen mit ihren kleinen Booten aufbrechen und am Nachmittag wieder einlaufen. Ihre Netze sind vollbeladen mit dem begehrten Kabeljau, der auf großen Holzgestellen zum Trocknen aufgehängt wird. Innerhalb von nur sechs Wochen verliert er den ganzen Wassergehalt, wobei jedoch die Vitamine erhalten bleiben. Der Fisch ist dann stockhart, vielleicht auch deswegen der Name „Stockfisch“. Im Sommer ist die Natur am lieblichsten. Überall blühen zarte Blumen, die Temperaturen sind angenehm warm und die Mitternachtssonne spendet besonders weiches Licht zum Fotografieren. In den Monaten Juni bis September habe ich in so mancher Nacht mehr fotografiert als am Tag. Viele kleine Ortschaften schmücken die kahlen Inseln wie Kabelvåg, Stamsund, Henningsvaer, Nusfjord oder Svolvaer. Ein besonders reizvolles Dorf ist Reine. Das Fischerdorf hat rund 600 Einwohner, war aber schon 1743 Handelsmarkt. In den letzten Jahren haben die Lachszucht und der Fremdenverkehr stark an Bedeutung zugenommen. Die herrliche Landschaft rund um Reine hat schon viele Maler und Fotografen angezogen. Egal zu welcher Jahreszeit, von meinem Fotostandpunkt aus, lassen sich immer gute Bilder schießen, ja sogar wenn es leicht nebelig ist oder Nieselregen fällt.
Mein Reisegefährte Peter und ich waren auf einer sechsmonatigen Tour durch den nordamerikanischen Kontinent unterwegs. Ein weiterer Reisebegleiter war ein alter Dodge Ram Baujahr 1987, ein Zweimannzelt samt dazugehörigem Equipment, eine Mittelformat- und eine Kleinbildausrüstung, eine kleine Digitale, sowie jede Menge Proviant. Wir starteten unseren Trip in Anchorage. Der weitere Reiseverlauf ging hinüber nach Valdez, durch den Denali-NP hinauf bis nach Fairbanks, hinüber nach Delta Junction, durch das Yukon-Territory entlang des Klondike nach Dawson-City, dann auf dem Alaska-Highway hinunter zur US-Grenze, darüber hinweg nach Salt-Lake-City, zu den großen Nationalparks – Grand- und Bryce-Canyon, Arches-NP, Monument-Valley, Antelope-Canyon, u.v.m. bis nach Las Vegas, durch das Death Valley zum Mono-Lake, zu den Giant Trees, dem Yosemity-NP und letztendlich nach San Francisco. Dann waren nicht nur wir, sondern auch der alte Dodge erledigt.
Irgendwo zwischen Denali und Fairbanks klapperten wir mit dem alten Kübel durch ein wunderschönes Tal. Unmittelbar neben dem Schottertrail plätscherte das eiskalte aber glasklare Flusswasser von einem Stein zum anderen, von einer Schnelle zur anderen, immer entlang von weitläufigen Lupinenbeeten. Welch ein Motiv. Ich stieg aus dem Truck, baute mein Stativ mit der Bronica 6x6 Kamera auf und war derart in meine Arbeit vertieft, dass ich die sich nähernde Gefahr nicht bemerkte. Manche mögen jetzt vielleicht denken: ein Bär, oder ein wilder Elch, oder ein Rudel Wölfe. Nein!! Viel gefährlicher!! Die Gefahr hatte die Form einer schwarzen Wolke. Peter rief mir zu: „Schnell in den Wagen“. Jetzt erst sah ich den wallenden Brodem, ließ Stativ und Kamera stehen und spurtete, was meine langen Beine hergaben, zum Auto. Tür zu, Fenster zu, Lüftungsklappen zu, und dann war er auch schon heran, der schwarze Nebel. Millionen und Abermillionen große Moskitos, mit einem Rüssel der so lange war wie das Tier selbst, verdunkelten die Sicht aus der Windschutzscheibe. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich kannte die Biester, weil sie mich schon gestochen hatten. Die bohren ihren langen Stachel sogar durch Hemd und Pullover und saugen, und saugen, und saugen und hauchen dann - nach einem lauten Klatsch - ihr Leben aus. Tagelang beißt und juckt die gestochene Stelle – jetzt glaube ich auch zu wissen, weswegen das angrenzende Gebiet „Yuk-on“ heißt (Scherz!). Das waren bloß vereinzelte Tiere gewesen, aber das hier war eine Wolke. Nach einer halben Stunde war der Überfall beendet. Trotzdem schielte ich vorsichtig durch die Landschaft, nach einer weiteren Wolke Ausschau haltend. In meiner Phantasie sah ich mich schon wie ein Zombie, weiß und blutleer, durch die Wälder Alaskas wandeln. Aber die Furcht war unbegründet. Nicht ein einziger Flieger war mehr zu sehen. Trotzdem sollte ich auf dieser Tour noch oft gestochen werden und mich dann kratzen, kratzen, kratzen. Aber alles hat eben seinen Preis, auch die Schönheit Alaskas.
Übrigens: nehmen Sie unbedingt „Autan“ mit, dann haben die Brummer auch noch was zu lachen, das hilft nämlich gar nix.
Im Sommer des vorigen Jahres war ich mit meinem Sohn in Island unterwegs. Er bohrte mich schon seit geraumer Zeit, er wolle gerne die Feuerinsel im Nordatlantik kennenlernen. Ich vertröstete ihn Jahr für Jahr, weil ich wollte, dass er bei diesem Trip nicht nur seine Gaudi hatte, sondern auch etwas von der Kultur der Isländer und der Geologie der Insel aufnahm und auch verstand. Im letzten Jahr konnte ich nicht mehr nein sagen, der Druck wurde zu groß. Mittlerweile besuchte er die zweite Klasse der Oberstufe des Gymnasiums und da kann man schon erwarten, dass ihn die Materie interessiert. Weiters wollte er die Insel erfühlen, deswegen waren Hotel- bzw. Hüttenunterkünfte tabu. Nein, es musste ihm Zelt übernachtet werden, was für mich mit meinen damals sechzig Lenzen sicherlich mehr Herausforderung darstellte als für ihn. Nur ihm Zelt, meinte er, kann man den Atem der Landschaft spüren. „Was meinst Du damit“, fragte ich ihn. „Na ja, zu spüren wie der Wind am Zelt rüttelt, der Regen auf die Plane klatscht, die Sonne auf das Haupt brennt und zu hören wie der Wasserfall rauscht, auch während der Nacht. „Ah ja“, entgegnete ich ihm, „dann pass mal auf, dass Du am Abend nicht zu viel Limonade trinkst“. Selbst Schuld. Warum hatte ich ihm auch immer voller Begeisterung von meinen Exkursionsreisen mit dem Zelt in alle Welt erzählt. Also gut, einmal werde ich´s wohl noch aushalten.
Das Wetter war typisch isländisch: ein Tag Sonnenschein, ein Tag Regen, einmal warm, einmal kalt. Ich kannte da ja alles, zwei Dutzende male war ich schon hier. Doch die Begeisterung meines Sprösslings steckte mich an. Er schwärmte von der Wahnsinnsnatur und brachte alle paar Kilometer ein begeistertes „voi geil“ über die Lippen, dazu hörte er den neuesten Rep-Song in den Charts über das Autoradio (für mich war das allerdings ein Höllenlärm). Auch mit dem Wasserfall meinte er es ernst – nur, er schlief die Nacht durch, während ich mich meines Feierabendbiers mindestens zweimal entledigen musste. Die Camper unter Ihnen kennen das wohl. Reißverschluss des Schlafsacks auf – Schuhe suchen – Reißverschluss des Zeltes auf – sich leise schimpfend auf allen Vieren aus jenem wälzen – Abstand gewinnen – frieren lassen – Bier entledigen und im umgekehrten Sinne wieder in den Schlafsack kriechen – sich mindestens eine Stunde herumwälzen, weil man inzwischen frisch und munter war und keinen Schlaf mehr finden konnte. Aber ich wollte mir keine Blöße geben, schließlich war ja ich der Weltenbummler. Nur die morgendliche Begrüßung „Na alter Mann, soll ich Dir aus dem Zelt helfen“ brachte mich schon zum Schlucken, worauf mich sein „Ich hab Dir schon Kaffee gemacht“ wieder beruhigte. Mit der Bemerkung „Hätte Mama auch für Dich gemacht“, kam dann die zweite morgendliche Watschn, denn schließlich macht sich ein Weltenbummler selbst seinen Kaffee und lässt sich nicht bemuttern.
Das Bild zeigt übrigens eine Wollgraswiese auf dem Laugavegur, jenem faszinierenden Wanderweg von der Landmannalaugar in die Thórsmörk. Seine Gesamtlänge beträgt 54 km und an seiner höchsten Stelle erreicht er bei Hrafntinnusker 1050 m. Diese Tour war schon eine kleine Herausforderung, ein ständiges Auf und Ab, und zweimal wurden wir bis auf die Haut durchnässt.
Aber was soll ich sagen. Vater und Sohn in Island. Wir hatten jede Menge Spaß und ich fühlte mich jung und richtig gut. Wir haben gelacht und geschimpft, über die Schule, Motorradfahren und Mädchen geblödelt und natürlich über Mama geschäkert, sie konnte uns ja nicht hören. Diese Zeit werden wir beide wohl nie vergessen und noch heute machen wir Scherze und ziehen uns gegenseitig auf. Es war phantastisch! Irgendwann wird er vielleicht seinen Kindern, wenn er sie einmal nach Island mitnehmen sollte, erzählen: „Ich war schon da, vor mehr als zwanzig Jahren“.
Eines meiner größten Abenteuer dauerte über zwei Monate und fand im fernen Asien statt. Es war das Jahr 1991! Zugegeben: damals war ich noch etwas jünger, erheblich leichter und sportlich durchtrainiert, andernfalls könnte man diese Reise auch nicht durchstehen. Ich hatte geplant, mit meinem Freund Peter Lehner, vom 5000 Meter hohen Khunjerab-Pass an der Grenze zu China bis hinunter nach Karachi am Indischen Ozean, quer durch ganz Pakistan zu Fuß zu gehen. Eine gewaltige Strecke von 1.800 Kilometern die wir uns da zumuteten. Das ist mehr als doppelt so lange wie der berühmte Jakobsweg in Spanien. Das Terrain ist ungleich schwieriger, mit Temperaturen bis zu 50° C heiß, - sauberes Wasser war ein kostbares Gut. Dem nicht genug wollten wir den 8.125 Meter hohen Nanga Parbat ansteigen und am Grab von Alfred Drexel (auf ca. 4.100 m) und dem Basislager vorbei, schauen, wie weit wir mit unserer bescheidenen Ausrüstung hinaufkommen würden. Drei Monate hatten wir für das ganze Unternehmen eingeplant.
So wie es wir geplant hatten, so haben wir es dann auch durchgezogen. Nur die Strecke auf den Karakorum-Highway bis nach Gilgit mussten wir mit einem alten Toyota-Bus zurücklegen, weil der Weg zu Fuß zu gefährlich war. Schon damals gab es im Norden ausländerfeindliche Stämme, denen man besser nicht in die Quere kam. So quetschten wir uns zu sechzehnt in den Bus der in Europa für maximal neun Personen zugelassen wird. Unsere Ausrüstung war auf das Notwendigste beschränkt, mussten wir doch alles im, am und um den Rucksack tragen: ein Zweimann-Alpinzelt, je einen Expeditions-Schlafsack, je eine Thermomatte, Gaskocher und Geschirr, leichte Alpin-Ausrüstung – für die Nanga-Parbat-Tour. Medikamente gegen allerlei Wehwehchen waren ebenfalls Pflicht. Eine vollständige Mittelformatausrüstung (Zenza-Bronica SQ-A) mit vier Objektiven, zwei Filmkassetten und ein Gitzo-Studex-Stativ sorgten für schön belichtete 6x6-Dias, die ich ja für meine GLOBAL-VISION benötigte. Ach ja, einmal fuhren wir 60 km von Lahore mit dem Zug Richtung Süden, weil das Gebiet aus mir unbekannt Gründen gesperrt worden war. Später erfuhr ich, dass es wieder einmal ein Gerangel mit Indien gegeben hätte. Einmal fuhren wir 50 km auf dem Dach eines überaus reich geschmückten pakistanischen LKW’s mit. Wer die nicht kennt, bitte bei Google Bilder ansehen! Die Fahrt war die Hölle. Die Sonne brannte vom Himmel, wir wurden durchgerüttelt, vom Laderaum stank es im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend und der heiße Fahrtwind schmiergelte den feinen Staub auf unserer Haut. Wir waren froh als wir wieder laufen durften. Ach ja – und einmal ritten wir fünf Kilometer auf Mulis. Per pedes hätten wir die Hälfte der Zeit benötigt, aber dafür mussten wir unsere schweren Rucksäcke nicht schleppen. Alles andere stapften wir schön brav und diszipliniert zu Fuß. Zwischen Khunjerab und Karachi – dazwischen erlebten wir jede Menge schöne und auch einige weniger schöne Abenteuer, mit denen ich ein Buch füllen könnte. Darüber berichtete ich ein Jahr später in meiner GLOBAL-VISION „Pakistan – Orientalisches Märchen zwischen Meer und Himalaya“. Der Lohn für die Strapaze? Die Besucher waren begeistert – das entschädigte für Vieles. Sie möchten diesen Diavortrag auch sehen? Tja, schade – leider 25 Jahre zu spät!
Es war im Herbst vorigen Jahres an einem Sonntag. Ich hatte nichts zu tun, überhaupt nichts!! Mit einem Wort gesagt, mir war langweilig. Nein, ehrlich gesagt: ich war faul. Ein Zustand der höchstens einmal in zehn Jahren vorkommt und der mir gar nicht behagt. Hin und wieder tut er aber trotzdem ganz gut, denn meine Woche besteht normalerweise aus mindestens sechzig Arbeitsstunden. In diesem Fall aber: „Alles war getan, nichts stand mehr an.“ Selbst der Haushalt war fein und säuberlich. Eher unmotiviert packte ich meine Kamera, setzte mich ins Auto und fuhr drauf los. Die einzige die sich riesig freute war „Julie“ unsere Hundedame. Denn jetzt kam das „Große Gassi“ mit Autofahrt, freiem Laufen, neugierigen unbeschränktem Schnüffeln, vor lauter Gaudi in der Gegend herumfetzen (bis auf Widerruf natürlich) und bei Gelegenheit das Flirten mit einem feschen Hunde-Boy. Ach ist die Jugend schön, sie ist ja erst zwei Jahre alt. Als ich siebzehn war, hab‘ ich genau dasselbe gemacht, nur das mit dem Schnüffeln habe ich verständlicherweise gut sein lassen.
Von Ebensee ging es vorbei an Bad Ischl, Bad Goisern und über den Pötschenpass nach Altaussee. Das Wetter war schön, nur ein paar Wolkenfelder zierten den Himmel und die Sonne erwärmte mit ihren bereits schwächer gewordenen Strahlen mein Gemüt. Keine Touristen weit und breit. Ich nahm Julie von der Leine, das sie mit freudigem Hüpfen honorierte und wir gingen einfach drauflos. In diesem Jahr war sie mir ein treuer Berg- und Wanderkamerad geworden. Früher war ich sehr oft alleine unterwegs, meine Frau ist nicht der große „Bergfex“. Auch wenn Julie nur ein Hund war, aber es war jemand da, ich war nicht alleine und sie brachte mich oft zum Lachen, wenn sie in ihrem Übermut „Vollgas“ gab, über die Wiese jagte und versuchte Schmetterlinge zu fangen oder wenn wir gemeinsam eine Pause einlegten – ich bei Wurst und Brot, sie bei einer Hundewurst. Die verdrückte sie dann immer ganz schnell weil sie hoffte, auch noch von meiner Wurst was abzubekommen. Na ja, was soll ich sagen, sie hat gewonnen. Sie gewinnt meistens immer. Das begann schon als wir sie bekommen haben. Noch bevor sie bei uns eingezogen ist, sagte ich zu meiner Frau: das darf sie nicht, das darf sie auch nicht und dort darf sie auch nicht rauf und übrigens: du wolltest den Hund, also musst du auch mit ihr Gassi gehen, ich mach´ das nicht. Mittlerweile darf sie alles und ich weiß nicht wer öfter Gassi geht, meine Frau oder ich.
Auf unserer Wanderung trafen wir einen Fotoklubkollegen vom Ebenseer-Fotoklub. Er ist ein ausgesprochen guter Fotograf und hat sich auf Landschaftsfotografie spezialisiert. Deswegen streifte er auch mit seiner Fachkamera und Digitalrückteil rund um den Altausseersee. Dagegen wirkte meine kleine Sony Alpha 6000 schon etwas mickrig, aber ich wusste auch, was dieses kleine Ding kann … nämlich erstklassige Bildqualität produzieren. Bilder machen muss der Fotograf allerdings schon selbst. Bei unserem Rückweg, kurz vor dem Parkplatz, dann dieses Motiv. Das Licht war noch nicht optimal, also musste ich warten. Julie versuchte derweil ein paar Fischbabys zu fangen, die sich im seichten Wasser tummelten und verpasste mir eine Dusche als sie das Wasser aus dem Fell schüttelte. Dann war es soweit! Der ideale Lichteinfall. Es machte ein kaum hörbares Klick, als ich den Auslöser ein paarmal mit unterschiedlichen Belichtungseinstellungen drückte.
Ein befreundeter Motorradfahrer erzählte mir, er hätte mit seinem Bike in paar Tage Urlaub in der Slowakei gemacht und dort die Hohe Tatra besucht. Er schwärmte von der herrlichen Gebirgswelt, den vielen Wandermöglichkeiten und den wunderbaren Fotomotiven. Das ist drei Jahre her. Irgendwie ist seine Schwärmerei in meiner tiefen, unergründlichen und geheimnisvollen Innenwelt (manche sagen auch untheatralisch Unterbewusstsein dazu) hängengeblieben. Immer wenn das Wort Slowakei oder Kurzurlaub fiel, meldete sie sich mit „Motorradfahren, Wandern, Fotografieren“. Im Juli dieses Jahres nervte mich mein mächtiges inneres Selbst dermaßen, dass ich kurzerhand mein Bike sattelte oder zumindest den Versuch startete. Aber wohin mit dem ganzen Zeug! Zelt, Luftmatratze, Fotoausrüstung, Kleidung, Stativ wollten ihren Platz, fanden aber keinen. Meine BMW ist nicht unbedingt ein kleines Motorrad, aber trotz Tankrucksack, Topcase und Satteltaschen, brachte ich nicht alles unter. Das größte Problem bescherte mir mein schweres Gitzo-Stativ. Es wollte einfach nicht so auf die Maschine, dass es keine Probleme beim Fahren und damit verbunden der Sicherheit machte. Natürlich hätte ich mit der Sony Alpha 6000, dem 18-200 mm Zoom und irgendeinem ‚Wacklativ‘ losziehen können. Das hätte Platz gefunden, aber ich wollte ernsthafte Fotografie betreiben und für alle Gelegenheiten gerüstet sein und das bedeutet nun mal eine umfangreiche Kameraausrüstung. Ich hatte mir das ganze einfach zu wenig überlegt. Also packte ich das ganze Zeug in meinen Dacia Dokker Van. Normalerweise transportiere ich mit diesem Auto meine Projektionsanlage wenn ich auf Vortragstournee bin. Es hat sich aber hin und wieder bei fotografischen Ausflügen mit Übernachtungsnotwendigkeit als ‚Wohnmobil‘ bewährt. Im Nachhinein sollte sich herausstellen, dass diese Entscheidung goldrichtig war. Normalerweise bereite ich mich auf Fototouren immer gründlich vor, aber in diesem Fall war ich wohl fremdgesteuert – ihr wisst schon dass ‚suggestive innere Ich‘.
Alles was mir mein Biker-Kamerad erzählt hatte, entsprach meinen Vorstellungen. Möglichkeiten zum Wandern und Fotografieren ohne Aussicht auf Feierabend. Was er mir allerdings nicht erzählt hatte, war, dass diese relativ kleine Gebirgswelt der Hohen Tatra, die sich die Slowakei und Polen teilen, dermaßen mit Touristen überlaufen war. Mit dem Motorrad hätte ich ein Hotelzimmer gebraucht. Keine Chance ohne vorherige Reservierung. Im Dokker legte ich mich einfach auf die Matratze und schlief seelenruhig meinen Schlaf. Den zweiten Tag begann es heftig zu regnen – kein Fotowetter. Mit dem Bike hätte ich ein Problem gehabt, im Dokker klappte ich den Laptop auf, schaute (auf preußisch-deutsch ‚guckte‘) Youtube oder las ein Buch. Die restlichen zwei Tage meldete sich herrliches Wetter. Ich konnte wandern und fotografieren was das Zeug hielt, bevor ich mich mit dem Dokker wieder auf den Heimweg machte – es waren ja bloß lächerliche 700 km zu bewältigen. Spätestens als ich auf den kurvenreichen Landstraßen in der Slowakei herumschlingerte meldete es sich wieder … mein übermächtiges inneres Ich und manipulierte mich mit der Parole ‚Motorradfahren‘!!!!!!! Jaaaaa …. jetzt wäre es toll auf meiner BMW zu reiten.
Der Herbst ist bei Fotografen eine besonders beliebte Jahreszeit. Die Blätter färben sich gelb, rot, braun oder golden - je nach Baumgattung. Die tiefstehende Sonne blinzelt durch das bunte Laub und bedeckt den Waldboden mit einem Fleckenteppich besonderer Art. Früher schnappte ich dann meine Kamera und zog los um lohnenswerte Motive zu suchen. Alleine – denn beim Fotografieren konnte und wollte ich niemanden in meiner Nähe. Das hat sich geändert! Seit mich meine Frau überredet hat uns einen Hund zuzulegen, begleitet er mich bei meinen Fototouren. Julie ist mir ein treuer Wanderkamerad geworden und so kindisch es auch klingen mag: ist sie einmal nicht mit dabei, fühle ich mich alleine. Sie bringt mich zu lachen, wenn sie mit ihren zwei Jahren in vollem Speed über die Wiesen jagt und einfach Spaß hat am Leben. Die langen Ohren stromlinienförmig angelegt, die schwarzen Knopfaugen zu Schlitzen verengt, prescht sie durch die Landschaft, dass die Beine nur so fliegen. Hin und wieder läuft sie auf mich zu, setzt sich vor mich hin, schaut mich treuherzig an und aus ihrem Maul kommt ein lautes „HHH, HHHH, HHHHH, HHH“. Dann kraule ich sie hinterm Ohr und schon startet sie wieder los. Wenn sie keine Lust mehr hat, wird geschnüffelt. Alles muss erkundet werden. Ich denke mir, für sie ist das, wie für uns das Zeitunglesen. Sie schnüffelt in die Vergangenheit und weiß, was sich da in den letzten Tagen abgespielt hat. Schade dass sie sich nicht verständigen kann, es wäre doch interessant zu wissen, was sie alles erschnüffelt hat. Und sie ist g´scheit: wenn ich mein Stativ aufbaue um zu fotografieren, setzt sie sich brav dahinter und wartet. Das habe ich ihr beigebracht. Aber sie kennt auch das Geräusch des Verschlusses. Nachdem sie ihn gehört hat, startet sie wieder los um die Umgebung zu erkunden.
So auch bei diesem Panorama in der Nähe des Offensees in Ebensee - lediglich neun Kilometer von zu Hause entfernt. Immer wenn ich mit Julie wandern gehe, nehme ich gerne meine Sony Alpha 6000 mit dem Objektiv E 18-200 mm, f 3,5-6,3 OSS. Diese Kombination ist leicht, mir stehen vom Weitwinkel bis zum Tele alle Möglichkeiten offen und über die Qualität braucht man erst gar nicht zu diskutieren. Stundenlang kann man mit ihr auf die Berge gehen, über die Wiesen spazieren und durch die Wälder streifen, ohne dass sie ‚ins Gewicht fällt‘. Die RAW-Datei wurde mit Photoshop leicht nachgearbeitet, also optimiert. Hin und wieder verwende ich auch gerne die digitalen Nik-Filter. Als das Bild fertig auf meinen Eizo-Schirm stand, betrachtete ich es und sagte zu Julie: „Na was hältst Du davon?“ Ihr war´s wurscht, zufrieden knabberte sie an ihrem Ochsenziemer.