Dieses Bild ist bereits „uralt“. Ich habe es 1987 im Norden Thailands aufgenommen. Nach getaner Arbeit im Wald, wurden die Elefanten im Fluss von ihren Mahuts liebevoll gewaschen und gehätschelt.
Damals war man noch meilenweit weg von der digitalen Fotografie. Das Abbilden von gestern war im Vergleich zum heute noch unmittelbarer. Man legte einen Film in die Kamera – wobei schon die Wahl des Materials eine Glaubensfrage war – stellte am Fotoapparat Zeit und Blende ein – oder ließ sie von der Automatik ermitteln – fokussierte auf das Motiv – oder ließ scharfstellen wer bereits eine der seltenen Autofokuskameras besaß – und drückte ab. Ob das Bild gut geworden war, konnte man erst eine Woche später feststellen, wenn der Film von der Entwicklungsanstalt zurückkam. Die Auslese ergab meistens zwei bis drei gute Aufnahmen von 36. Diese wurden sorgfältig gerahmt und das war´s. Keine nachträglichen digitalen Korrekturen, keine Tricks mit der Ebenentechnik in Photoshop, kein nachträgliches Radieren, Verwischen, Einblenden und was weiß ich noch alles. Ist das Dia schlecht geworden, landete es im Papierkorb. Ist es gut geworden, aber hat man störende Details zum Aufnahmezeitpunkt nicht gemerkt, waren sie unauslöschlich auf dem Bild und man ärgerte sich noch Jahre danach, bei der Aufnahme schlampig gearbeitet zu haben. Die Lichtbildnerei war noch ehrlich, aber auch nur deswegen, weil die technischen Mittel fehlten um nachträgliche Manipulationen durchführen zu können. Ehrlich war die Welt damals wie heute nicht.
Ein paar Tage nach Weihnachten unternahm ich einen Ausflug zum Langbathsee, der nur ein paar Kilometer von meinem Wohnort entfernt liegt. Vom Vorderen Langbathsee gelangt man auf einer wunderschön gespurten Langlaufloipe zum Hinteren Langbathsee, für mich persönlich einer der am schönsten gelegenen Alpenseen überhaupt. Mit dabei ist immer meine Alpha 6000 mit dem Zoom 18-200 f/3.5-6.3 OSS. Dieses Objektiv ist zwar nicht so hochgezüchtet wie ein zur Sony gehörendes Zeiss oder eine Linse der GM-Serie, dafür kostet es auch wesentlich weniger (so um die € 550,--), ist leicht und hat sich für solcherlei Unternehmungen bestens bewährt, stehen mir doch für den Kleinbildbereich umgerechnete 27-300 mm zur Verfügung. Das reicht für 90% der Aufnahmen allemal. Die mechanische und optische Qualität dieses Tools ist unumstritten. Kein Langläufer wird neben der Kamera auch noch ein entsprechendes Stativ mitschleppen und so habe ich dieses Panorama aus freier Hand geschossen. Vom anderen Ufer des Sees zoomte ich das Motiv mit 200 mm (300 mm KB) heran. Weil ich den ISO-Wert auf 100 eingestellt hatte und das Licht ziemlich diffus war, fürchtete ich, das Bild zu verwackeln. Aber da sprangen die elektronischen Helferlein ein. Innerhalb von Sekundenbuchteilen beruhigte der Stabilisator das Sucherbild und ich konnte mit leichtem Unbehagen bei 200 mm und einer dreißigstel Sekunde fotografieren. Skeptisch begutachtete ich das Ergebnis am Kameramonitor – zu klein um es richtig beurteilen zu können. Ich verließ mich also auf den „Stabi“ und war erstaunt, als ich auf meinen großen Eizo PC-Bildschirm drei knackscharfe Teilbilder zensierte, die ich anschließend zu einem Panorama zusammenfügte. Ein Panorama dieser Qualität mit drei Teilbildern, bei 200 mm und 1/30 sec. - das sollte schon was heißen. Es ist ein gutes Gefühl sich auf sein Gerät verlassen zu können, egal welcher Kameramarke.
An diesem Tag herrschte Inversionswetterlage. Im Gebirge gibt es diese besondere Situation des Öfteren. Hierbei sind die oberen Luftschichten wärmer als die unteren gelagert. Die warme Luft über der Inversionsschicht verhindert das Aufwärmen der unteren Luftmassen. Diese können dadurch nicht aufsteigen. In der Folge steigt die Lufttemperatur im Gipfelbereich immer weiter an, während es im Tal frostig kalt bleibt. In manchen Alpentälern kann es dadurch arktische Temperaturen erreichen, wobei -30° C durchwegs möglich sind. Am Tag der Aufnahme maß das Thermometer -12° C. Die Feuchtigkeit in den kalten Luftschichten bleibt gebunden, kann nicht verdunsten und kondensiert zu Eiskristallen. Es bildet sich ein ganz besonderes Licht. Von Oben dringt nur schwach der Sonnenschein durch, der von diesen Kristallen reflektiert wird – das Resultat: ein absolut schattenfreies, diffuses Streulicht, das bläulich erstrahlt. Dem Menschen fällt es nicht auf, weil unser Gehirn den Blauanteil des Lichtes kompensiert. Schnee ist aber in den seltensten Fällen wirklich weiß. Wenn man sich die Aufnahmen später am Bildschirm ansieht, ist man verwundert warum der Schnee blau oder gelb kommt und nicht weiß. Aber, Schnee hat weiß zu sein und damit basta. Das menschliche Auge funktioniert ähnlich wie eine Kamera nur viel komplexer. Es sieht was tatsächlich ist! Der Schnee kann dabei blau, gelb, grün, ja sogar rötlich gefärbt sein – je nachdem wie er seine Umwelt reflektiert. Im Gegensatz zum Menschen verfügt die Kamera aber über kein Gehirn. Dieses rückt die Farben wieder zurecht wie wir es wahrnehmen wollen. Und unser Wille sagt uns: Schnee ist weiß!!! Trainierte Fotografen können diesen Trugschluss beeinflussen oder ihn ganz ausschalten. Er kann die Farbe des Lichtes – also der Reflektionen – wahrnehmen wie sie tatsächlich sind und nicht wie sie das Gehirn sehen will. Dazu gehört, wie gesagt, jahrelanges Training. Übrigens: wussten Sie, dass wir unsere Welt auf dem Kopf stehend betrachten? Erst unser Gehirn rückt sie wieder in die richtige Position.
Das Panorama habe ich mit meiner ersten Mittelformatkamera aufgenommen, der Zenza Bronica ETRS. Normalerweise hatten auf dem Film sechzehn Aufnahmen im Format 45x60 mm Platz. Die Filmcassette was austauschbar und konnte ersetzt werden. Eine davon fasste einen 24x36 mm Kleinbildfilm und es war möglich, Dias eben in diesem Format zu produzieren. Eine Andere fasste ebenfalls einen Kleinbildfilm, den man allerdings im Panoramaformat 24x60 mm belichten konnte. Die Aufnahme vom „Elefantenbad“ entstand damit.
Wieder zuhause angekommen, erarbeitete ich meinen ersten Vortrag in Mittelformattechnik mit den Projektoren Rollei-Vision 66 AV. Der Titel: „Thailand – Perle des Fernen Ostens“. Für damalige Zeiten war das visuelle Erlebnis wunderbar, die Größe der Projektion war aber eingeschränkt durch die Leuchtkraft eines einzelnen Projektors. Dies war auch der Grund, weswegen ich später auf die 6x6 Mittelformat Mehrfeldprojektion umgestiegen bin. Einen Rollei 66 AV besitze ich noch. Er lagert gut verpackt im Keller. Hin und wieder hole ich ihn hervor und bewundere die brillant leuchtenden 6x6 Dias auf der Leinwand. Ja das waren noch Zeiten damals, als mit dem Druck auf den Auslöser alles geschehen war und die im Bild gezeigten Arbeitselefanten noch nicht durch Bulldozer ersetzt waren.
Meine Vortragstournee „WUNDER DES NORDENS – Schottland im Sommer, Island im Winter“ neigt sich dem Ende zu – nur noch ein paar Vorträge im Herbst sind geplant. Irgendwann einmal kam mir der Gedanke, danach meine „Kariere“ als Vortragsfotograf zu beenden, letztendlich wird man ja nicht jünger und das Medium befindet sich zugegebenermaßen in einem Wellental. Eine wirklich absolut professionelle Produktion in höchster Qualitätsstufe auf die Beine zu stellen, erfordert viel körperlichen, teils kräfteraubenden Einsatz. Immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, ist keine Glücksache alleine, sondern bedarf genauer Planung und vor allen Dingen jeder Menge Stress. Betrachter, egal ob in Fernsehdokumentationen oder in Vorträgen, haben keinen Einblick in den „Backstage-Bereich“. Sie sind fasziniert von den Bildern, Videosequenzen oder/und der Background-Musik, sehen aber nicht die große Mühe und den totalen Einsatz der dahinter steckt, bestenfalls können sie ihn lediglich erahnen. Aber wer sich nun mal mit dem Virus „Reisen und Fotografieren“ infiziert hat, bei dem ist eine „Heilung“ sehr schwer oder gar nicht möglich. Also will ich es noch einmal wissen und plane eine ganz besondere Tour. Demgemäß wird das nächste Thema den Titel tragen: „MIT DEM MOTORRAD DURCH EUROPA – Vater und Sohn auf ihren Bikes durch den alten Kontinent.“ Wir beide wollen mit unserer BMW und KTM durch etliche Länder des vielfältigsten Erdteiles der Welt trampen. Mir ist eines bewusst geworden: ich habe alle Kontinente dieses Planeten bereist, aber von unserem eigenen weiß ich eigentlich viel zu wenig. Das will ich ändern!
So plane ich mit meinem Sohn Motorradreisen durch Ungarn und Rumänien bis zum Donaudelta und zurück über den Balkan – oder ins Baltikum, nach Holland und Frankreich, Spanien und Italien, Cornwall und Griechenland. Im Sommer geht’s los! Mal sehen - überall wird Sascha nicht mitkönnen, schließlich muss er noch pauken. Aber wann immer es möglich ist, starten wir unsere Feuerstühle und donnern los mit einer umfangreichen Foto- und Videoausrüstung und hoffentlich unseren Schutzengeln am Sozius. Angefangen hab ich schon einmal mit dem Besuch der Hohen Tatra. Ich war gerade dort angekommen, da riss nach einem heftigen Gewitterregen die Wolkendecke auf und es ergab sich eine wunderbare Lichtstimmung. Solche Aufnahmen kann man nicht planen, sie sind immer Glücksache. Zum Aufbau des Stativs hatte ich vorerst keine Zeit. Schnell wechselte ich das Objektiv und bajonettierte das Tele drauf um die Perspektive zu verdichten, ermittelte den Zeit-Blendenwert, stellte um auf manuell und … einmal klick … ein Stück weiter … noch einmal klick … wieder ein Stück weiter … und noch einmal Klick … alles mit 30%iger Überlappung der Bildfelder zum erfolgreichen zusammenkleben per Computer. So das erste Panorama hatte ich im Kasten. Jetzt nahm ich mir die Zeit, das Stativ aufzubauen, den Stativkopf zu justieren, die genaue Brennweite zu eruieren, den Nodalpunkt zu ermitteln und auf dem Nodalpunktadapter einzustellen, die horizontale und vertikale Achse auszurichten, Zeit- und Blende zu ermitteln und auszulösen. Für Sie sind diese Begriffe ein ‚spanisches Dorf‘? Macht nichts. Sie brauchen sich die Bilder bloß anzusehen und sie hoffentlich auch genießen. Ich mache die Arbeit dahinter. Das nennt man Aufgabenteilung.
Ich stecke mitten in den Vorbereitungen für mein neues Projekt „Mit dem Motorrad durch Europa“. Im August geht es mit der ersten ausgedehnten Fahrt los. Mein Sohn und ich werden durch die ungarische Puszta nach Rumänien fahren – das dortige Ziel ist neben vielen kulturellen und landschaftlichen Attraktionen das Donaudelta mit seiner einzigartigen Vogelwelt und die Schwarzmeerküste. Zurück geht es dann über Serbien zu den Plitvicer-Seen und entlang der Adriaküste über Slowenien nach Hause. Es ist immerhin eine Stecke von geschätzten 3.600 km. Ich werde versuchen während unserer Motorrad-Reise immer wieder auf Facebook zu berichten. Neben einer Foto- und Videoausrüstung, sind auch noch eine Action-Cam (auf dem Motorrad montiert) und eine HD-Drohne mit dabei. Eine andere Fahrt – ich weiß noch nicht ob heuer oder im nächsten Jahr – wird uns durch die Slowakei, Polen, das Baltikum und über Norddeutschland nach Holland führen. Ich war heuer im April bereits mit meinem „Dokker“ in Holland und zwar um die Tulpenblüte zu fotografieren. Dabei habe ich natürlich schon Erkundigungen über Fotostandpunkte und Lichtrichtungen eingeholt. Ein Blick auf die Karte ließ mich einen Abstecher auf die Insel Marken im Markenmeer machen. Dort befindet sich auf eine Landspitze der bekannte Leuchtturm Paard van Marken (Pferd von Marken). Das erste Leuchtfeuer auf Marken wurde 1700 in Betrieb genommen. Der heutige Rundturm wurde 1839 errichtet und das Leuchtfeuer im selben Jahr offiziell in Betrieb genommen. Der exponierte Standort ist bei winterlichen Stürmen der Spritzwasservereisung besonders ausgesetzt - 1971 reichte das Eis bis zum Dach. Die überschaubare Insel Marken ist nur 3,3 km lang und 1,7 km breit. Vom gleichnamigen Ort führt ein schöner Wanderweg zum Leuchtturm, der bei gemächlichem Tempo in gut dreißig Minuten zu erreichen ist.
Trotzdem habe ich mich verschätzt! Hier – fast 1000 km nördlich von Österreich – sind die Tage im April schon wesentlich länger, das trifft auch auf die Sonnenuntergänge zu. Bei meinem Besuch herrschte Prachtwetter, das Abendrot war grandios, aber leider landeinwärts gerichtet. Daher wollte ich den Leuchtturm in der „blauen Stunde“ fotografieren – wenn möglich mit eingeschaltetem Leuchtfeuer. Also hieß es – wie schon so oft in meinem fotografischen Leben – warten. Insgesamt waren es vier Stunden die ich ausharrte, bevor sich die Sonne hinter dem Horizont verkroch. Dann gesellte sich ein englischer Fotograf dazu. Er erzählte mir, dass er sich auf die Leuchtturm-Fotografie spezialisiert habe; sein Ziel sei es, alle Leuchttürme in Nordeuropa abzulichten, diejenigen auf den britischen Inseln und Irland hätte er bereits im Kasten. Später – wiederum zu Hause angekommen – habe ich versucht zu „googeln“, wie viele Leuchttürme es in Nordeuropa gibt – ich habe aufgegeben es war mir zu mühsam.
Nach einem unterhaltsamen Gespräch, sprang plötzlich das Leuchtfeuer an. Jetzt hatten wird natürlich keine Zeit mehr zum Plaudern. Wir fotografierten bis zur völligen Dunkelheit und schlenderten dann gemeinsam den Wanderweg zurück. Weil wir unser Quartier im selben Ort aufgeschlagen hatten - er in einem schönen Wohnmobil, ich im Dokker - beschlossen wir, in einer Bar gemeinsam ein Bier zu trinken. Wir diskutierten über die Fotografie, über fremde Länder im Allgemeinen und über das Reisen im Speziellen. Aus einem Bier wurden drei, erst dann schlenzten wir zu unseren Autos und gingen in die „Heia“.
Holland ist flach, voller Tulpen und Windmühlen, unzählige Grachten ziehen sich durchs Land, ganz Amsterdam stinkt nach Cannabis, auf den Wiesen weiden schwarz-weiß-fleckige Kühe, alle Niederländer pantoffeln in Holzschuhen herum und ernähren sich in erster Linie von Käse. Ein Klischee, das vor allen in den Köpfen von Asiaten und Amerikaner sitzt, bevor sie das Land bereisen. Das ist ungefähr so, als würde man meinen, alle Bayern und Österreicher laufen in Lederhosen herum, tragen Spitzhüte mit Gamsbart und versorgen sich täglich mit Schnitzel, Schweinbraten und literweise Bier. Na ja, Letzteres mag ja vielleicht hinkommen, wenn man der Statistik glauben schenken will, aber alles andere?
Fakt ist: Holland ist flach wie eine Flunder, im April blühen in gewissen Landesteilen tatsächlich ganze Felder voller Tulpen und die Luft ist geschwängert vom Duft der Hyazinthen. Tatsache ist Weiters, dass das Fleckvieh bei den Landwirten sehr beliebt ist, weil es beste Milch gibt, mit der dann hervorragender Käse und Butter hergestellt wird. Das mit dem Cannabis lassen wir mal beiseite und die Holzschuhe werden Großteils in den Souvenirläden angeboten, obwohl: hin und wieder konnte ich schon ältere Menschen in ländlichen Gebieten damit herumstelzen sehen. Und das Bier? Das süffeln die Holländer mindestens so gerne wie die Bayern und Österreicher. Schweinebraten ist auch sehr beliebt vornehmlich mit Pflaumenmus und Süßkartoffeln und das berühmte Wiener Schnitzel ist zumeist so dick wie die New-York-Times zum Wochenende.
Was ist mit den Windmühlen? Davon gibt es gottseidank wirklich noch viele, obwohl deren Bestand auch schon zusammengeschrumpft ist. Aber diejenigen, die es bis in die heutigen Tage geschafft haben, werden liebevoll instand gehalten und präsentieren sich für uns Fotografen als wunderbare Motive. Bei meinen Reisen durch die vielen exotischen Länder auf allen Kontinenten oder heimischen Länder in Europa bewege ich mich mit meinem Fahrzeug zumeist auf Nebenstraßen, einsamen Feldwegen und Waldstraßen, sowie per Pedes auch auf schmalen Pfaden. Dort finde ich zumeist die schönsten Motive. Ehrlich gesagt ich weiß nicht mehr wo ich diese Windmühle fand und auf welchen Wegen ich dorthin gekommen bin. Ich weiß noch: beide Zeiger meiner Uhr zeigten auf die Ziffer Vier, das Licht war schon weich, die Schatten wurden lang. Ich baute mein Stativ auf, montierte die Kamera drauf und drehte das 2,8/24-70 mm Zeiss-Objektiv auf das Bajonett. Dann wartete ich – ich weiß nicht mehr wie lange, aber mindestens eine Stunde. Ich genoss die Idylle, die Ruhe, den Frieden. Schmetterlinge flatterten umher, das Gezwitscher der Vögel, das Summen von Insekten erreichten meine Ohren, im Wind wogen sich die Gräser und Blumen, feine Wolken zierten den Himmel. Es waren ganz banale Eindrücke, die man im Alltag oft nicht wahrnimmt. Als ich das Gefühl hatte, jetzt sei der richtige Zeitpunkt drückte ich auf den Auslöser. Nur eine halbe Stunde später, verschleierten Wolken die Sonne und den blauen Himmel. Das Licht war weg und kurz darauf setzte Nieselregen ein.
Die Zederberge (englisch Cederberg mountains) sind ein vornehmlich aus Sandstein aufgebauter Gebirgszug 200 km nördlich von Kapstadt, im Städtedreieck Clanwilliam, Wupperthal und Citrusdal. Die Berge sind bekannt für ihre bunten Blütenteppiche im Frühling (August/September), sowie für Höhlen mit historischen Felszeichnungen der Ureinwohner, der San (Buschmänner). Eine weitere Besonderheit stellt die weltweit fast ausschließlich in den Cederberg Mountains angebaute Rooibospflanze dar, aus welcher der Rooibostee (Rotbuschtee) gewonnen wird. Das Naturreservat der Zederberge erstreckt sich vom Middelberg-Pass bei Citrusdal bis nördlich des Pakhuis-Pass bei Clanwilliam, umfasst etwa 71.000 Hektar und steht seit 2004 auf der Weltnaturerbe-Liste der UNESCO. In einfachen und anspruchsvollen Wanderungen kann man die Zederberge erkunden. Sie führen zu bizarren Steinformationen, wie z. B. dem Malteserkreuz oder dem Wolfsberg-Bogen. Ich brach in Clanwilliam mit einem kleinen Toyota Geländewagen auf um eines der Wahrzeichen der Zederberge zu fotografieren – das Malteser-Kreuz. Die Straße war anfangs entlang des Clanwilliam-Stausees noch recht passabel. Mit zunehmender Höhe und je weiter ich in die Gebirgslandschaft vorstieß, wurde sie aber schlechter - total ausgewaschen von den winterlichen Regen- und Schneefällen und teils mit tiefen Schlaglöchern übersät. Abschnittsweise war wirklich nicht mehr drin als Schrittgeschwindigkeit. Dafür blühten links und rechts der „Straße“ Blumen und Sträucher in den unterschiedlichsten Farben. Ich war im August, also im südafrikanischen Frühling, unterwegs. Zwei Tage zuvor hatte es heftig geregnet und das genügte um die Zederberge und das Namaqualand von einer trostlosen, gottverlassenen Wüste in ein blühendes Paradies zu verwandeln, in einem Kontrast, wie man ihn selten woanders auf der Erde sieht.
Die spektakuläre Berglandschaft ist nach der bedrohten Clanwilliam-Zeder benannt, die nur in dieser Region zu finden ist. Im letzten Jahrhundert wurden die Zedern durch den Bauboom beinahe ausgerottet, alleine 2.700 Bäume wurden zu Telefonmasten verarbeitet.
1973 wurde dem ein Ende gesetzt und der Lebensraum der Clanwilliam-Zeder unter Schutz gestellt. Doch erst vor ein paar Jahren vernichtete ein verheerender Waldbrand einen der wenigen noch existierenden Bestände. Von den einst, den steilen Berghängen hinaufwachsenden, Wind und Wetter trotzenden Bäumen, sind nur mehr schwarze Stumpen übrig geblieben. Heute sind die alten, knorrigen Bäumen mit den fast weißen Stämmen nur noch selten zu sehen, doch Aufforstungsprogramme sind im Gange.
Nach über zwei Stunden holpriger Fahrt erreichte ich schließlich die Abzweigung bei der Dwarsrivier Farm. Von dort führt ein schmaler, steiler Gebirgspfad hinauf zu den Felswänden in deren Hochtal das bekannt Malteser-Kreuz steht. Für mich als alte „Bergfex“ war die „Kletterei“ anfangs wenig mühsam und total genüsslich. Beiderseits des Pfades blühten gelbe, orange, rote, blaue und lilafarbene Blumen, durchsetzt von großblütigen Proteen. Nach knapp einer Stunde wurde der Weg steiler, die Sonne brannte vom Himmel, es regte sich kein Windhauch – nur gut, dass ich genügend Wasser mitgenommen hatte. Der Steig ging über in Blockkletterei und war abschnittsweise nur zu erahnen. Trotzdem ich es gewohnt war in den heimatlichen Bergen herumzulatschen, kam ich ganz schön ins Schwitzen. Zudem drückte die umfangreiche Fotoausrüstung zunehmend auf meine Schultern. Nach zwei Stunden öffnete sich die besagte Hochebene. Sie liegt immerhin auf einer Höhe von 1412 Meter. Der Pfad wurde breiter und war jetzt unschwer zu gehen. In der Ferne konnte ich bereits das Malteser-Kreuz erkennen. Noch sah es zwergenhaft aus, aber mit schrumpfender Entfernung wirkte es monumental - immerhin streckt es sich zwanzig Meter in den blauen afrikanischen Himmel. Keine Menschen- und Tierseele war hier, es herrschte totale Stille, nicht einmal das Krächzen eines Gebirgsvogels war zu vernehmen. Lediglich der Sand protestierte knirschend unter meinen zermalmenden Sohlen. Ich umrundete das Malteser-Kreuz mehrmals und fotografierte es von allen Seiten. Trotz der „genussvollen Mühen“ des Aufstieges war diese Wanderung ein wunderbares Bergerlebnis, an das ich noch heute gerne zurückdenke.
August 2012: Sechs Wochen bin ich nun schon im südlichen Afrika unterwegs um für meine neue Produktion „Abenteuer Afrika“ zu fotografieren und zu filmen. In dieser Zeit habe ich geschwitzt wie ein Firmgöd und gefroren wie ein Schlosshund. Während es in der Namib tagsüber 30° C und mehr erreicht, fallen die Temperaturen während der Nacht weit unter die Null Grad-Grenze. Meine Tour begann in Kapstadt, zog sich entlang der Atlantikküste bis in den Norden Namibias und findet nunmehr in Simbabwe sein Ende. Die letzten Tage will ich damit verbringen, die Victoria Wasserfälle foto- und videografisch zu dokumentieren. Im August ist der Wasserstand des Sambesi sehr hoch und die Wassermassen stürzen sich entsprechend spektakulär über die Fallkannte der Victoria Fälle. 108 Meter stürzen sich die Fluten in ein Höllenloch aus dessen Schlund die Gischt hunderte Meter weit ins Land weht. Ich erreiche den Ort Livingston am späten Nachmittag und mache mich sofort auf den Weg um die besten Fotostandpunkte zu erkunden. Ich war bereits zweimal hier, aber damals war Sommer und der Sambesi führte kaum Wasser. Die Fälle waren fotografisch in etwa so interessant wie das Schmelzwasser aus einer Regenrinne im März. Aber jetzt tosen die Gewalten und schon aus großer Entfernung ist ein dumpfes Grollen und Donnern zu vernehmen. Es ist schon ziemlich dämmrig, viel zu wenig Licht um zu fotografieren. Auf meiner Wanderung entlang der Abbruchkante bemerke ich ein Seil, welches über die Schlucht gespannt ist.
Nächsten Tag kehre ich zurück. An der Stelle wo sich das Seil über den Abgrund spannt, macht sich ein Filmteam für Aufnahmen bereit. Dies weckt zwar mein Interesse, ich will aber nicht weiter stören und konzentriere mich auf meine eigenen Foto- und Dreharbeiten. Schließlich habe ich meine neue professionelle Sony Videokamera mit dabei und die verlangt meine volle Aufmerksamkeit. Bei den Aufnahmen bewege ich mich flussabwärts und entferne mich dabei immer mehr vom Filmteam. Am späten Nachmittag, das Licht war nicht mehr besonders gut, wandere ich wieder flussaufwärts und erreiche schließlich die Stelle, an der sich das Seil über die Fälle spannt. Das Filmteam hat ebenfalls aufgehört zu drehen und ich komme mit einem Kameramann ins Gespräch. Er erzählt mir, dass die Crew im Auftrag des südafrikanischen Fernsehens eine Dokumentation über den Sambesi dreht und zwar vom Ursprung an der Grenze zwischen Sambia und dem Kongo bis zu seiner Mündung in den Indischen Ozean. Natürlich waren die Victoria-Fälle eine der Höhepunkte. Für spektakuläre Aufnahmen ließen sie sich von einem Helikopter ein Seil über die Schlucht spannen. Die Kamera wird dabei an eine Gondel montiert, die auf dem Seil langsam über die Schlucht gleitet. Das Seil weist ein ganz geringes Gefälle auf, dadurch wird kein
Rundum-Zugseil benötigt, sondern nur ein einfaches Zugseil, das die Gondel mit einem Elektromotor an das andere Ufer zieht. Auf dem Foto hängt das Seil durch. Es wird erst kurz vor der Aufnahme straff gespannt, damit das Material geschont wird. Immerhin belasten dann einige hundert Kilo Zugkraft das Seil. „Warum macht ihr das mit einem Seil? Wäre eine Kameradrohne nicht viel weniger aufwändig?“ „Ja schon“, seine Antwort „aber eine Drohne würde bei dieser Gischt und der damit verbundenen Luftfeuchtigkeit keine fünf Minuten fliegen. Das Wasser sucht sich seinen Weg in die Elektronik und verursacht Kurzschlüsse. Das Ding würde auf Nimmerwiedersehen abstürzen.“ Angesichts meiner professionellen Ausrüstung will er wissen was denn mein Vorhaben sei. Ich erkläre es ihm und mache nebenbei die Bemerkung, dass das schon Wahnsinnsaufnahmen sein müssen wenn die Kamera über den Victoria-Wasserfällen schwebt. Meine Vortragsbesucher würden staunen. „Weißt Du was?“ erwidert er: „Wir drehen morgen wieder. Sei um zehn Uhr hier. Deine Kamera ist nicht besonders groß und in der Gondel wäre noch Platz. Ich rede mit meinem Chef, vielleicht können wir sie dazuhängen. Allerdings Verantwortung können wir keine übernehmen. Wenn das Ding runterfällt, ist es weg.“ „Danke für das Angebot. Ich überleg´s mir. In jedem Fall werde ich zusehen kommen." Während der Nacht quälen mich Gedanken. Soll ich es wagen. Meine Sony war ziemlich teuer und wenn sie runterfällt? Andererseits, ist die Gelegenheit einmalig um zu spektakulären Aufnahmen zu kommen. Nach langem Überlegen, fasse ich den Entschluss … „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“.
Am nächsten Tag ist meine Entscheidung hinfällig, denn es schüttet wie aus Scheffeln. Trotzdem wandere ich hinunter zum Set. Die Gondel hängt am Seil, die Kamera ist montiert, aber das Licht ist schlecht, die Sicht gleich null, alles grau in grau. „Wollt ihr wirklich drehen?“ „Nein“ sagt mir der Kameramann vom Vortag, sein Name ist übrigens Eric. „Es ist unter diesen Umständen sinnlos. Auch morgen ist noch Schlechtwetter angesagt. Erst übermorgen ist Wetterbesserung in Aussicht. Aber ich habe mit meinem Chef gesprochen. Er hat nichts dagegen, wenn wir deine Kamera mit in die Gondel montieren. Wenn sich herausstellt, dass sie bei den Probeaufnahmen nicht stört, hast du deine Sequenz im Kasten. Ist das nicht toll?!“ „Ja, schon“ erwidere ich, „aber Übermorgen um diese Zeit rase ich bereits in zehntausend Metern Höhe nach Hause. Aber trotzdem, danke für das Angebot.“
Tja, wäre schon toll gewesen die schwebende Perspektive über dem Sambesi. Aber zu Hause angekommen, freue ich mich über die gelungen Aufnahmen aus „Eigenproduktion“.
Das Panorama ist noch keine Woche alt. Es war Samstag der 1. Dezember, ein richtig ungemütlicher Herbsttag. Tief hingen die Nebel über den Bergen, nur wenig Licht drang durch die dicke Wolkendecke in die Täler. Das nasskalte Wetter kroch einem unter den Anorak und verursachte ausgeprägtes Unwohlsein. Kurz gesagt ein richtig grauslicher Tag der auf anfällige Menschen depressiv wirken kann. Keinen Hund jagt man bei solchem Wetter hinter der Ofenbank hervor …. das heißt …. meine Julie schon. Sie zeigte mir mit ihren Gesten: „Ich will raus!!!“ Aber nicht weil sie Gassi musste, nein, ich kenne meinen Hund schon gut. Sie begehrte: wandern, tollen, fetzen, spielen, schnüffeln. Aber so einfach wollte ich es ihr auch nicht machen. So versuchte sie es mit allen Hundetricks: schmusen, kuscheln, schleckten, hüpfen. ‚Gnadenhalber‘ ließ ich mich überzeugen und sagte: „OK, gehen wir wandern!“ So schnell konnte ich gar nicht schauen, startete sie durch und stand fünf Sekunden später mit dem Brustgurt im Maul erwartungsvoll vor mir. Ihre schwarzen Knopfaugen schauten mich treuherzig an und sagten mir: „Na los, worauf wartest Du?“
Also schnappte ich Hund und Sony 6000 und fuhr mit beiden zum lediglich zwölf Kilometer entfernten Offensee, einem romantisch zwischen Bergen eingekeiltem Gewässer. Das Wetter wurde nicht besser, im Gegenteil – es regnete und schneite abwechselnd.
Aber so einen abgebrühten, verwegenen, jedem Wetter strotzenden Kerl, der die halbe Welt gesehen hat, kann doch so etwas nicht anhaben. Zumindest redete ich mir das ein, während es mir unter dem Anorak die Gänsehaut aufzog. Was soll´s! Vom Stehen wird einem nicht wärmer, also legte ich ein verschärftes Tempo vor. Julie war´s egal, die war in ihrem Element – sie sprintete den Weg entlang, schlug in der angrenzenden Wiese Hacken wie ein Karnickel, schnüffelte dort, schnüffelte da. Weiß Gott, wozu ich die Kamera mitgenommen habe, bei dem Wetter drückt doch kein Mensch auf den Auslöser.
Beim Rückweg entlang des Seeufers, hörte es auf zu regnen, es wurde ein wenig heller. Nebelfetzen hingen wahllos in die Landschaft gestreut. Eine eigenartige Stimmung tat sich auf. Und dann sah ich dieses Motiv, an dem ich schon hunderte mal vorbeigelaufen war. Aber dieses Licht, diese Silhouetten, diese Stimmung – so hatte ich es noch nicht erlebt. Zu Hause am Bildschirm wirkte das Bild aber doch recht flau. Nach der Optimierung habe ich noch ein digitales Grauverlaufsfilter darüber gelegt und …. alles war gut! Wieder einmal ist der Beweis erbracht: das Wetter kann gar nicht so schlecht sein, dass man seine Kamera nicht mitnehmen sollte.